In Libyen wurde in dieser Nacht Geschichte geschrieben. Im deutschen Fernsehen war davon fast nichts zu sehen. Im Ersten und beim ZDF gab es kurz den Stand der Dinge im Rahmen der geplanten Spätnachrichten am Sonntagabend. Doch live aus bzw. über Libyen berichtete in der Nacht niemand. Weder die öffentlich-rechtlichen Vollprogramme, noch die privaten Nachrichtensender. Wer Informationen zur Eroberung Tripolis durch die Rebellen und damit dem nahen Sieg über Gaddafi wollte, wurde im deutschen Fernsehen nicht bedient. Wieder einmal nicht. So als glaube niemand an die Kraft und Bedeutung des Mediums. Deutschland, TV-Entwicklungsland.

Wir können mit dem Eurovision Song Contest die größte TV-Show der Welt produzieren, feiern unsere im internationalen Vergleich große Programmvielfalt im FreeTV und sind quantitativ und qualitativ Weltmeister im Genre TV-Movie. Aber beim Nachrichtenfernsehen versagen wir, wenn es nicht in die Bürozeiten passt. Das muss uns als Zuschauern und auch der Branche peinlich sein. Die größte TV-Nation Europas ist bei weltweiten Ereignissen abgeschnitten von aktueller Information, weil sich niemand Berichterstattung leisten will. Newsjunkies bedienen sich bei englischsprachigen Nachrichtenangeboten, doch die Mehrheit der Deutschen bleibt da außen vor.

Im Fokus der Kritik stehen wieder einmal die Öffentlich-Rechtlichen und die privaten Nachrichtensender. Wer sich in dieser Nacht einmal mehr blamiert hat, lässt sich schwer beantworten: Im Nichts lässt sich so schwer differenzieren. Denn Live-Berichterstattung gab es weder im Ersten, noch beim ZDF, bei n-tv oder N24 - den vier deutschen TV-Adressen, bei denen man zuerst nach aktueller Information sucht. Fündig wurde man aber nur bei Al-Jazeera. Der englischsprachige Kanal des Nachrichtensenders des Scheichs von Katar liefert Live-Bilder, Analysen und Kommentare wie niemand sonst. Hier nutzte man den Heimvorteil in der Region.

Aber auch englischsprachige Nachrichtensender wie BBC World News, Sky News oder CNN International berichteten - mit Unterbrechungen - live über die Entwicklungen in Libyen. Hier spürte man, dass es an Live-Bildmaterial mangelte. Dennoch wurden aktuelle Informationen umgesetzt, durch Hintergründe, echte Experten und Telefonschalten angereichert. Sie waren damit nicht die erste Wahl in dieser Nacht, aber sie waren auf Sendung. Etwas, was man von n-tv und N24 nicht behaupten kann. Laufband und Newsflashes - mehr schafften die deutschen Nachrichtensender nicht. Die libyischen Rebellen hatten ihren Einmarsch in Tripolis halt leider nicht schriftlich in Köln und Berlin angemeldet.