So spannend Social TV im Jahr 2012 besonders für die, die die ersten Versuche Ende der 90er Jahre nicht erlebt haben, ist, so deutlich bleibt deshalb festzuhalten: Es muss nicht alles interaktiv werden. Interaktion ist kein Selbstzweck. Es ist einer dieser falschen Eindrücke, die in den vergangenen Monaten in der Debatte darüber, was das Fernsehen als Medium verschlafe, entstanden ist. Da kommen aus dem Netz schnell Abgesänge auf das Fernsehen. Doch weder ist Social TV die pauschale Lösung, noch das größte Problem des deutschen Fernsehens. Bei spannenden Filmen oder Serien, bei guten Dokumentationen oder herrlicher Comedy - da darf man sich auch einfach nur unterhalten oder informieren lassen. Es kommt auf das Genre an.

 

 

Natürlich darf es gerne wieder mehr Formate interaktiver Form geben. Wieder, weil wir das alles ja schon einmal hatten. Das vergessen wir manchmal. Sogar Musikfernsehen war mal interaktiv - auf dem damaligen Stand des technisch Möglichen. Die Älteren werden sich erinnern. Erstaunlicherweise jedoch gaben deutsche Fernsehmacher dann irgendwann auf und versuchten sich später nur mit lieblosen und manchmal sinnlosen Versuchen der Einbindung des via Internet potentiell in Massen gleichzeitig zur Teilnahme fähigen Publikums. Eine Erkenntnis aus all diesen Versuchen: Erfolgreich ist Social TV nicht dann, wenn man sich beteiligen kann, sondern wenn man sich auch beteiligen will.

Angebote sich zu beteiligen, gibt es im deutschen Fernsehen genug. Aber meist ist es eine lustlose Integration, wie zuletzt von "Gottschalk live" vorgeführt. Einmal mehr gilt: Die Interaktion ist eben kein Selbstzweck. Nur wenn die Einbindung den Zuschauer auch die Sendung voranbringt, macht es Sinn. Die Geschichte muss weitererzählt werden. Denn: Die Qualität von Fernsehen, die Innovationskraft von Fernsehen und die Zukunftsfähigkeit von Fernsehen misst sich wahrlich nicht an der Integration von Social Media. Der Erfolg des Mediums bemisst sich weiterhin in seiner Fähigkeit gute Geschichten zu erzählen. Ob es nun aktuelle in den Nachrichten, gut recherchierte in den Dokumentationen, lustige in der Comedy, unterhaltsame in der Show oder spannende in der Serie sind.

Bleibt am Ende die Erkenntnis: Social Media ist nicht die Rettung des Fernsehens, weil das gar nicht gerettet werden muss - vorausgesetzt man versteht unter Fernsehen Bewegtbild, egal ob linaer oder on Demand, ob über Satellit und Kabel oder im Netz. Diese Haltung wäre vermessen, weil es hier nicht um eine Glaubensfrage geht. Aber Social Media ist ein Werkzeug, das helfen kann Geschichten neu oder besser zu erzählen. Vorallem auch wirklich authentischer - was sonst übrigens das Lieblings-Buzzword vieler Fernsehmacher ist. Es wäre zweifelsohne wünschenswert, wenn mehr Sender und Produzenten wüssten, wie man mit dem Werkzeug umgeht. Gutes Fernsehen muss zwar nicht per se interaktiv sein, darf es aber sehr gerne.