Seit inzwischen 14 Jahren stellen Philipp Köster und seine Mannschaft Monat für Monat - nicht selten eindrucksvoll - unter Beweis, dass ein Fußball-Magazin längst nicht nur aus Spielanalysen, Transfergerüchten und Stecktabellen bestehen muss. Nicht umsonst bezeichnet sich "11 Freunde" selbstbewusst als das "Magazin für Fußballkultur". Tatsächlich entpuppt sich das Heft häufig als echte Wundertüte, die trotz des immer weiter wachsenden Kommerzes im Profi-Fußball nie den Blick für die Tradition und all das, was viele als die Seele des Sports erachten, aus den Augen verloren hat. Hier findet sich stets ein Platz für skurille Fan-Geschichten, aber auch tiefgründige Gespräche oder spannende Reportagen rund um eine der schönsten Nebensachen der Welt gehören regelmäßig dazu.

So gesehen konnte man gespannt sein, wie viel die "11 Freunde"-Macher in die erstmals am späten Mittwochabend im RBB Fernsehen ausgestrahlte TV-Version hinüberetten würden. Leider stellte sich schon nach wenigen Minuten heraus, dass ein Großteil des Charmes, der das Heft seit vielen Jahren auszeichnet, irgendwo auf dem Weg von der Redaktion in diese Berliner Kneipe, die man als Aufzeichnungsort wählte, abhanden gekommen sein muss. Da saßen nun also Chefredakteur Köster und RBB-Moderatorin Jessy Wellmer zusammen mit Ex-Hertha-Kapitän Arne Friedrich und dem Sänger Thees Uhlmann inmitten einer menschenleeren Szene-Bar und orakelten mehr oder weniger lustlos über die bevorstehende Bundesliga-Saison. So weit, so unspektakulär.

Fünf steile Thesen hatte sich die Redaktion im Vorfeld ausgedacht, die es galt, im Eiltempo abzuarbeiten. Grunsätzlich eine nette Idee, dem FC Bayern den "Abstieg ins Bodenlose" - also auf den zweiten Platz - vorherzusagen. Umso ärgerlicher, dass im Gespräch mit den Gästen dann doch kaum mehr folgte als eine grobe Standortbestimmung. Dass Borussia Dortmund motiviert in die Saison starten wird, wie Arne Friedrich prognostizierte, werden vermutlich die meisten Fußballfans sofort unterschreiben. Viel mehr war zu diesem Thema dann auch nicht zu erfahren. Ob Aufsteiger Paderborn ein sympathischer Underdog sei, wollte Jessy Wellmer später von Uhlmann wissen. Der wiederum betonte, wie spannend es doch sei, dass sich die Fans jetzt mit der Frage auseinandersetzen müssten, wo dieses Paderborn überhaupt liege. Zuvor durfte Arne Friedrich noch einmal artig zu Protokoll geben, dass sein Herz noch immer für den Hauptstadt-Club schlägt. Wer hätte das nach all den Jahren im Verein gedacht?

Nicht weniger arm an Erkenntnis war sein Satz, im Fußball sei "alles möglich", für den Friedrich im "Doppelpass" zumindest noch ein paar Euro für den guten Zweck hätte spenden müssen. Im "11 Freunde"-Fernsehmagazin dagegen blieb er einfach so stehen. Auch im weiteren Verlauf fehlte es der Premieren-Sendung zumeist am Tiefgang, den die Heftmacher doch eigentlich so wunderbar beherrschen. Eine vermeintlich moderne Inszenierung macht eben noch lange keine gute Sendung. Womöglich tragen aber auch die schnellen Wechsel der Gesprächssituationen dazu bei, dass es nur selten möglich war, ein Thema mal genauer zu beleuchten. Und so wurden also weiter munter Stichworte in den Raum geworfen, etwa die Frage, ob Red Bull Leipzig schädlich für die Fan-Kultur sei. Thees Uhlmann durfte dazu kurz anmerken, wie bedrohlich er es doch findet, "wenn mit der Geldkanone auf die kleinen Vereine geschossen wird".

Das alles klingt bisweilen mehr nach Stammtisch-Diskussion als nach leidenschaftlichem Einsatz für die Fußball-Kultur, den man kürzlich etwa Kösters "11 Freunde"-Artikel über den Dosen-Club aus Leipzig entnehmen konnte. Schade, dass auch die Einspielfilme zunächst nicht das hielten, was das Heft verspricht. Im "Transferzirkus" mit einem animinierten Oliver Kahn wurden beispielsweise allenfalls ein paar flache HSV-Witze zum Besten gegeben. Etwas weniger Haudrauf wäre wünschenswert. Nach einer Viertelstunde sollte es plötzlich darum gehen, wieso man in Berlin zwar vielerorts HSV- oder Werder-Kneipen findet, nicht aber Kneipen für Hertha-Fans. Zu allem Überfluss entpuppte sich aber auch dieser Einspieler als recht harmloses Filmchen, das den eigentlich interessante Aspekt allenfalls oberflächlich betrachtete. Bierernst will man nicht sein, schon klar. Wirklich lustig ist all das jedoch auch nicht unbedingt.

Erst im letzten Drittel der Premieren-Sendung fühlte sich "11 Freunde" dann doch noch ein wenig so an wie sich "11 Freunde" anfühlen sollte. Als der krisengeplagte HSV auf der Tagesordnung stand, kam plötzlich der scheidende Vorsitzende des HSV-Supporters-Clubs zu Wort, der sich durch den zunehmenden Einfluss von Investoren und Verbänden immer weniger mit seinem Verein identifizieren kann und stattdessen an der Gründung eines neuen Vereins in der Kreisklasse beteiligt ist. Geschichten wie diese sind es, die man von "11 Freunde" erwartet, gerade auch im Fernsehen, wo die Kultur bei den meisten Fußballsendungen inzwischen fast völlig auf der Strecke bleibt. Hier sollten künftige Ausgaben des TV-Magazins ansetzen. Für alles andere gibt's schließlich schon Jörg Wontorra.