Große Show-Ideen sind rar gesät. Seit Jahren nun wartet die Unterhaltungsbranche schon auf einen neuen großen Hit, doch weltweite Erfolge wie "Idol", "Big Brother" oder "Wer wird Millionär?" lassen sich eben nicht mit Hilfe einer Zauberformel aus dem Ärmel schütteln. So gesehen ist es überaus verständlich, dass sich das Fernsehen immer wieder auf seine Wurzeln besinnt und in schöner Regelmäßigkeit ein paar Ideen ausgegraben werden, die die Zuschauer bereits vor Jahrzehnten gut unterhielten. Mag sein, dass mit "Wetten, dass..?" gerade erst ein wahrer Show-Dino die Bühne verlassen hat, doch ein gewisses Retro-Fieber unter Deutschlands Fernsehmachern lässt sich aktuell nur schwer leugnen. Selbst für "Pleiten, Pech und Pannen" findet sich in Kürze wieder ein Platz.

Ganz nach dem Motto: Was früher gut war, kann doch heute nicht schlecht sein. Leider stimmt dieser Satz nicht ausnahmslos, obwohl sich tatsächlich einige positive Beispiele für gelungene Neuauflagen finden lassen. So stellte der WDR erst kürzlich unter Beweis, dass "Geld oder Liebe?" auch 13 Jahre nach der Einstellung noch immer funktionieren kann - wenn auch nach wie vor am besten mit Jürgen von der Lippe, dessen mit Gemütlichkeit gepaarte Leichtigkeit im deutschen Fernsehen nach wie vor unübertroffen ist. Ganz ähnlich verhält es sich mit der "Dalli Dalli"-Neuauflage, deren unterhaltsam aufbereitete Spiele keineswegs wirken, als seien sie aus der Zeit gefallen. Es war also bloß eine Frage der Zeit, ehe man sich auch an Rudi Carrells 70er-Jahre-Klassiker "Am laufenden Band" erinnern wurde. Wenige Tage, nachdem Rudi Carrell 80 Jahre alt geworden wäre, bot sich nun eine gute Gelegenheit, den über Jahrzehnte angesammelten Staub zu entfernen.

Und so durfte sich Jörg Pilawa am Montag also an einem Remake versuchen, das der NDR jedoch vielmehr als Hommage an den unvergessenen Entertainer verstanden haben will, der das deutsche Fernsehen über Jahrzehnte hinweg mit zahlreichen Formaten prägte, die völlig zurecht mit dem "Kult"-Siegel versehen wurden. Pilawa besitzt inzwischen eine gewisse Übung, wenn es darum geht, Show-Klassiker aus der Mottenkisten zu packen. Mit einigem Erfolg präsentierte er erst vor wenigen Monaten eine Neuauflage des Kulenkampff-Klassikers "Einer wird gewinnen", der jedoch nur wenig gemein hatte mit dem Charme des Originals. Gleiches gilt für "Am laufenden Band". Natürlich gab es den berühmten Korbsessel und das Fragezeichen, und selbstverständlich durfte auch ein Assistent an der Seite des Moderators nicht fehlen. Die Grundzutaten stimmten also. Wer sich mehr als das erhoffte, wurde jedoch enttäuscht.

Erschreckend lieblos kam die Show über weite Strecken daher. In der Kulisse der "NDR Quizshow", die Pilawa demnächst ebenfalls wegmoderieren wird, wirkten das namensgebende Band, aber auch die übrigen Spiele beinahe wie Fremdkörper. Unterhaltsam wurde es vor allem in jenen Momenten, die unfreiwillige Komik boten. Etwa, als Moderatorin Bettina Tietjen eine Torte aus der Hand fiel - und sie sich selbst bekleckerte und nicht ihr eigentliches Ziel, den NDR-Fernsehkoch Rainer Sass. Oder als Comedian Oliver Pocher plötzlich mit verbundenen Augen einer Frau an die Brüste fasste, weil er vor sich eigentlich seinen Vater wähnte und keine Fremde.

Ansonsten dominierte die Langatmigkeit: Desirée Nosbusch übte sich im Grimassenschneiden, Ben Becker scheiterte daran, eine Szene rückwärts zu spielen, und irgendwann später mussten die prominenten Rateteams herausfinden, welche der Herren auf der Bühne einen Hauch von Nichts unter ihrem Schottenrock trugen. Viel zu bemüht kamen viele der Spielchen daher, sodass die eigentlich dringend nötige Leichtigkeit trotz manch amüsanter Situationen viel zu häufig verloren ging. Wirklich gute Stimmung schien all das im Publikum nur selten auszulösen, was auch Jörg Pilawa zwischenzeitlich etwas ratlos dreinblicken ließ. Alleine auf norddeutschen Zurückhaltung war die an vielen Stellen fehlende Euphorie jedenfalls kaum zurückzuführen. Da konnte nicht mal Christine Neubauer helfen, die Oliver Pocher völlig unverhofft mit Wasser übergoss.

Das Feuer, das diese Show in den 70er Jahren beim Publikum ausgelöst haben muss, hat der NDR leider nicht entfachen können. Wohl auch, weil von jener Perfektion, die Altmeister Rudi Carrell einst "am laufenden Band" an den Tag legte, bei Pilawas Versuch, diesem Show-Urgestein neues Leben einzuhauchen, nur wenig zu spüren war. Zu gerne hätte man erfahren, was Carrells Tochter Annemieke dachte, als sie das bunte Treiben von den Publikumrängen aus verfolgte; ob auch sie die Liebe zum Detail vermisste, die nötig ist, wenn es darum geht, einen Klassiker wie "Am laufenden Band" in ein neues Jahrtausend zu transferieren. Es ist kein gutes Zeichen, wenn sich die Neuauflage über weite Strecken hinweg älter anfühlt als das Original. Viel mehr als ein Fragezeichen bot dieser Abend daher letztlich nicht.