Es liegt noch gar nicht so viele Jahre zurück, da machten es ARD und ZDF ihren Kritikern leicht, sie als Schunkelsender abzufertigen, schließlich traf der Vorwurf, die Öffentlich-Rechtlichen würden das Land mit Volksmusik-Shows fluten, ja voll und ganz zu. Irgendwann, als die alten Herren an der Senderspitze langsam ihre Plätze zugunsten jüngere Nachfolger räumten, setzte das große Aufräumen ein. Und so schickten sich ARD und ZDF an, Schlager und Volksmusik mehr und mehr aus dem Programm zu verbannen. Der Grand Prix der Volksmusik ist heute ebenso Geschichte wie sämtliche Hitparaden. Wo früher die "Musikantenscheune" ihre Pforten öffnete, checkt heute Yvonne Willicks Staubsauger, und anstelle der "Lustigen Musikanten" zeigt das ZDF eben noch ein paar Krimis mehr. Nicht mal mehr Weihnachten dürfen Marianne und Michael noch mit ihren Zuschauern feiern.

 

Selbst Carmen Nebel – einst mit blumigen Worten von der ARD zum ZDF gelotst – darf inzwischen nicht mehr so häufig auf Sendung gehen wie noch vor zehn Jahren, und unter ihrem mittlerweile erfolgreicheren Nachfolger Florian Silbereisen haben sich die "Feste der Volksmusik" in den vergangenen Jahren massiv gewandelt. Wer glaubt, es handle sich dabei um eine typische Volksmuik-Nummernrevue, hat schon lange nicht mehr eingeschaltet: Den häufig verspotteten "Festen" hat man die "Volksmusik" aus dem Titel gestrichen und für die Zukunft können sich die ARD-Unterhaltungsexperten sogar Xavier Naidoo im Reigen der Künstler vorstellen – ja selbst für das kitschige Bühnenbild fand der MDR irgendwann keinerlei Verwendung mehr. All das ist ein untrügliches Zeichen für den Abschied der Volksmusik aus dem deutschen Fernsehen.

Da kann man den Ärger von Andy Borg schon verstehen, der an diesem Wochenende seinen letzten "Musikantenstadl" präsentieren wird. Weil er mit seinen 54 Jahren inzwischen zu alt geworden ist, um zur besten Sendezeit Schrammel- und Blasmusik anzusagen. Ganz sicher ist es richtig und wichtig gewesen, das Lederhosen-Dickicht zu lichten. Es beinahe komplett auszuroden, hätte allerdings dann doch nicht sein müssen. Denn so sehr man früher den Schunkel-Wahn kritisieren musste, dem in ihren ersten Jahren sogar RTL und Sat.1 verfielen, so sehr muss man heute die Frage stellen, ob es tatsächlich Not tut, eine Sendung wie den "Musikantenstadl" krampfhaft verjüngen zu wollen. Sicher: Die Quoten sind gesunken – wohl auch, weil sich so mancher, der noch vor 20 Jahren vergnügt schunkelnd im Wohnzimmer saß, erst im Pflegeheim und zu guter Letzt noch eine oder zwei Etagen tiefer wähnte.

Aber muss man deshalb eine Show, die vier Mal jährlich mehrere Millionen Zuschauer vor dem Fernseher versammelt, weil sie mögen, was dort gesungen, geblasen und gejodelt wurde, wirklich einer Verjüngungskur unterziehen? Dass am Ende kaum noch ein Zuschauer jünger war als 60, liegt eben in der Natur der Sache. Und wer früher Beatles und Stones hörte, wird sich heute ebenso wenig mit dem Nockalm Quintett anfreunden können wie morgen. Die Hoffnung, den "Musikantenstadl" mit einigen Handgriffen zum Jungbrunnen zu machen, wird jedenfalls kaum funktionieren. Das verhindert alleine schon der Name, der vermutlich schon zum Start der Sendung vor mehr als drei Jahrzehnten altbacken war. Nichts hätte dagegen gesprochen, Andy Borg noch ein paar Jahre lang als Chef-Gaukler in der Hüttengaudi zu belassen und die Show anschließend gemeinsam mit den letzten Zuschauern in Würde zu Grabe zu tragen.

Ohne Borgs Nachfolger-Duo das Talent absprechen zu wollen – gebraucht hätte es die Veränderungen nicht. Vermutlich weiß nicht mal Alexander Mazza so recht, wieso genau ihm die Ehre zuteil wurde, ab Herbst als "Stadl"-Oberhaupt durch die Lande zu tingeln. Er wird sich gemeinsam mit Francine Jordi, die vor knapp zehn Jahren paradoxerweise schon als Nachfolgerin von Karl Moik gehandelt wurde, an das Projekt "Musikantenstadl" wagen. Die Chancen, dem Klassiker einen zweiten Frühling oder zumindest einen verlängerten Herbst zu bescheren, werden sich in Grenzen halten.