Wichtigkeit? Das ist selten eine Kategorie in der die Qualität von Fernsehsendungen beurteilt wird und ganz sicher noch seltener, so wurde lange geunkt, wenn es um deutsches Fernsehen oder gar Unterhaltungssendungen im Privatfernsehen ging. Und dann kam „Die Höhle der Löwen“. Eine Primetime-Show bei einem Privatsender, die mit ihrer ersten Staffel im vergangenen Jahr sehr erfolgreich bewiesen hat, dass die Fernsehzuschauer vor Relevanz und Komplexität nicht davon laufen. Mehr noch: Wirtschaft kann unterhaltsam sein. Die Kritiken waren positiv, die Quoten ebenso. Dass eine zweite Staffel produziert werden würde, war schon nach wenigen Folgen der ersten Staffel sicher.

Dreifaches Pech hatte die Sendung dann wenn es um verdiente Auszeichnungen ging: Erst startete sie zu spät, um von der Jury noch für den Deutschen Fernsehpreis 2015 berücksichtigt zu werden, dann wurde sie beim Grimme-Preis ein Opfer der bis heute unverständlichen Beschränkung auf nur zwei Auszeichnungen im Wettbewerb Unterhaltung (während Fiktion und Information/Kultur je fünf Gewinner benennen können). Und einen Deutschen Fernsehpreis 2016 kann es nicht geben, weil es keinen Deutschen Fensehpreis 2016 gibt. Dabei verdient die Sendung rückblickend auf die erste Staffel und nach Sichtung von Material der zweiten Staffel ein Loblied. DWDL.de nennt die zehn Erfolgsfaktoren der Show.

Der Kern der Show ist für jeden nachvollziehbar

Vordergründig geht es bei der „Höhle der Löwen“ zwar um Unternehmensgründer, die mit Hilfe des Kapitals der Löwen ihre Geschäftsideen ausbauen möchten. Das klingt zunächst abstrakt und in den wenigsten Fällen aus dem Leben des Publikums gegriffen, was wiederum in den vergangenen Jahren allzu gerne als vermeintliches Erfolgsrezept für gutes Fernsehen galt. Und trotzdem ist das Prinzip der Show nachvollziehbar. Warum? Weil es im Kern schlicht und einfach um die Kunst der Überzeugung geht. Jeder kennt die Situation, aus Bewerbungsgesprächen, Verkaufsgesprächen oder alltäglichen Diskussionen im Freundes-, Bekannten- oder Kollegenkreis: Wie verkauft man sich und seinen Standpunkt? Erkennt man Ablehnung oder Zustimmung beim Gegenüber? Was an der Sendung fasziniert ist letztlich die Kommunikation zwischen Menschen in all ihren Facetten.

Ausbalancierte, stimmige Investoren-Riege

Bei den Dreharbeiten zur 2. Staffel sprach ich mit Jochen Schweizer über die Erkenntnisse, die er aus den Sendungen im vergangenen Jahr gewonnen hat. Seine Antwort: Die Beobachtung, dass sich Unternehmen je nach Unternehmerphilosophie gänzlich anders bewerten lassen. So gehe es dem Kollegen Frank Thelen („Das muss skalieren“) um Wachstum und eine gewinnbringende Exit-Strategie während er, so Schweizer, sein Investment in ein Unternehmen nicht durch dessen Verkauf sondern Gewinne im laufenden Betrieb wieder rausholen möchte. Mit ihren unterschiedlichen Philosophien, Hintergründen und Herangehensweisen vertritt die Investoren-Riege eine große Bandbreite des Wirtschaftens.

Ausgewogenes Mächteverhältnis lässt Mitfiebern

Es ist der ausbalancierten Investoren-Riege zu verdanken, dass die Sympathien in „Die Höhle der Löwen“ mit jedem Pitch wechseln können. Gönnt man es dem Gründer bzw. der Gründerin? Oder wünscht man ihm bzw. ihr dann doch eine Lektion durch die Löwen? Selbst innerhalb eines Pitches können Sympathien wechseln, weil die Rollen in der deutschen Umsetzung des Formats weit weniger festgelegt sind als in den anglo-amerikanischen Versionen. Wo die Löwen, Haie oder Drachen in anderen Umsetzungen des Formats keine Schwäche zeigen und ihre Arroganz sogar als Coolness gefeiert wird, sind die deutschen Löwen die vielleicht rationalsten Raubtiere, die man sich vorstellen kann.

Praxisnahe, unterhaltsame Wirtschaftskunde

Dass sich „Die Höhle der Löwen“ in diesem Jahr auch im Wettbewerb um einen der anerkannten Grimme-Preise befand, basierte zu einem nicht geringen Teil auf der Faszination, dass hier eine Unterhaltungssendung zur besten Sendezeit Wissen vermittelt, das sonst als trocken und schwer vermittelbar gilt. Dank Vox und Sony Pictures wird plötzlich über Begrifflichkeiten, Zusammenhänge und Probleme diskutiert, die sonst selten bis gar nicht zur Primetime zum Thema gemacht werden - nicht einmal bei den Öffentlich-Rechtlichen. Damit demonstriert die Sendung wie wichtig ein grundsätzliches Verständnis für Wirtschaft ist und wie einfach und menschlich es sich vermitteln lässt.