Wenn RTL eine Show startet, in der es darum geht, zwei Menschen zusammenzubringen, dann weiß man als Zuschauer nie so recht, wie ernst es der Sender eigentlich mit seinen Bemühungen meint. Natürlich hat "Bauer sucht Frau" in all den Jahren schon so manche Ehe hervorgebracht. Doch die Liste der Kandidaten, die vor laufender Kamera der Lächerlichkeit preisgegeben wurden, hat inzwischen eben auch eine beträchtliche Länge angenommen. Warum RTL mit "Herz zu verschenken" neben "Bauer sucht Frau" und "Schwiegertochter gesucht" nun noch eine weitere Kuppelshow an den Start gebracht hat, weiß vermutlich nicht mal Amor, dessen Hilfe angesichts der Flut an Fernsehen dieser Art dringend nötig wäre.

Vielleicht ist es Einfallslosigkeit oder die Hoffnung, mit bewährter Kost das Publikum nicht zu verschrecken. Oder es ist eine Mischung aus beidem. Vielleicht wären aber auch einfach nur die Namensrechte an Erika Bergers Sexualsprechstunde verlorengegangen, hätte man nicht noch eben ein Format erfunden, das den Untertitel "Eine Chance für die Liebe" trägt. Doch was auch immer RTL geritten haben mag, der trauten Zweisamkeit ein weiteres Mal auf die Sprünge zu helfen: Der jüngste Versuch, der am Sonntag im Vorabendprogramm zu bestaunen war, ist erstaunlich bräsig geraten.

Auf eine Ansagerin, die vorwiegend dazu dient, diverse Alliterationen möglichst fehlerweise vom Teleprompter abzulesen, haben die Produzenten von Norddeich zwar glücklicherweise verzichtet, nicht jedoch auf die Möglichkeit, die Kandidaten mal mehr, mal weniger aufdringlich einfach nur blöd aussehen zu lassen. Als einer von ihnen etwas ungelenk vor seinem Auto tanzt, fragt die weibliche Stimme allen Ernstes aus dem Off, welche Frau da schon widerstehen könne. Dass die Macher von "Herz zu verschenken" offenkundig ein Faible für tanzende Singles haben, ließ sich im Laufe der Stunde übrigens an gleich mehreren Stellen feststellen.

Abgesehen von der Beweglichkeit scheint man sich in Köln außerdem in besonderem Maße für das Sexualleben seiner Protagonisten zu interessieren. Warum jeder von ihnen zu Protokoll geben muss, wie lange das bislang letzte Vergnügen zu zweit zurückliegt, konnte bis zum Abspann der Sendung nicht geklärt werden. Dafür kennt der geneigte Zuschauer nun nicht nur Deutschlands schönste Schrankwände, sondern auch die Puppensammlung der 57-jährigen Ruth und die Miniaturautos, für die Kandidat Karsten ein Faible hat. Er hat beim ersten Date dann auch praktischerweise einen liebreizenden Auto-Vergleich parat: Mit Frauen sei das manchmal wie bei einem Seat - die Technik ist von VW, aber außen ist es doch bloß ein Seat. "Und Seat ist halt Scheiße."

Die Frau, um die es geht, wurde zuvor von RTL übrigens als "passionierte Puzzlerin" vorgestellt und gab an, in der Freizeit gern nach Zahlen zu malen. Dass der Funke zwischen den beiden nicht so recht überspringen wollte, mag an unterschiedlichen Interessen gelegen haben - oder an der wenig gelungenen Pasta, die im trauten Heim zubereitet wurde. Vielleicht war's aber auch schlicht die Tatsache, dass der junge Mann nicht gerade aussah wie Xavier Naidoo, auf den seine vermeintliche Herzensdame eigentlich so sehr steht. Ob sie von ihm geflasht sei, will er während einer Autofahrt wissen. Die Frage beantwortet sie mit einem ziemlich gelangweilten "Es geht, es geht". Mancher Frau seien bei seinem Anblick ja schon die Gesichtszüge entglitten, sagt Karsten schließlich, woraufhin sein Date den Schaden in Grenzen zu halten versucht: "So schlimm ist es nicht..."

Dieser Dialog lässt sich eigentlich ganz gut auf die gesamte Sendung übertragen: Schon ein bisschen schlimm, aber vor allem langweilig. Und unfassbar vorhersehbar – nicht nur bezogen auf die unvermeidliche Sex-Frage. Jeder Single ist, positiv formuliert, speziell und bekommt nach ausgiebigem Herausstellen seiner Spleens einen kurzen Tränendrüsen-Moment spendiert. Da lässt sich RTL nicht lumpen. Thomas erzählt vom Tod seiner Mutter, Karsten von einem schweren Unfall, Ruth von ihrer Trennung – und Silke ist sicherlich auch schon mal etwas ganz Furchtbares widerfahren. Ihre Teilnahme bei "DSDS", bei der sie sich an Luftballons reibt, war aber so furchtbar, sodass RTL sie bei "Herz zu verschenken" besser mal verschwiegen hat.

Ja, das ist alles genauso ermüdend und uninspiriert wie es klingt. Alles hat man schon mal irgendwo gesehen und was nicht gezeigt wurde, konnte man sich denken. Man kann die Sendung aber selbstverständlich auch ganz gut konsumieren, ohne allzu viel denken zu müssen. Ach ja: Die große Liebe hat in der ersten Ausgabe von "Herz zu verschenken" keiner der Kandidaten gefunden, was zumindest für RTL ganz praktisch ist, weil man auf diese Weise am nächsten Sonntag noch eine weitere Stunde Programm mit Pasta, Puzzles und Puppensammlungen füllen und dabei so tun kann, als gehe es wirklich darum, zwei Menschen zusammenzubringen.