Sie ist Tussi, Wuchtbrumme, XL Barbie und Queen of Popanz made in Ludwigshafen. Alles in einer Person. Alles freiwillig. Niemand trägt schöner seine Haut zu Markte als Daniela Katzenberger. Man glaubt, alles von ihr gesehen und jede Peinlichkeit ausgekostet zu haben. Aber dann hat diese abgebrühte Profiselbstvermarkterin doch noch eine Überraschung parat. Am Samstagabend war es soweit. Da sollte sie live auf RTL II den ihr vom Schicksal zugelosten Lucas Cordalis auf dem Bonner Petersberg ehelichen. Sie stand vor der Kapelle in einem opulenten Berg von Kleid, für dessen 14 Kilo Gesamtgewicht unglaublich viele unschuldige Gardinen hatten sterben müssen. Es war 21.31 Uhr, als es eigentlich „trau den Lucas“ hätte heißen müssen, aber dann blieb die Braut einfach vor der Kirche stehen, und RTL II schaltete acht Minuten Werbung.

Wow! Das ist echte Konsequenz. Wenn ich mich schon öffentlich mache für einen Sender, dann übereigne ich mich auch komplett. Von dort ist es nicht mehr weit zur Vorstellung, dass das frischgebackene Brautpaar wohl auch seine ehelichen Pflichten regelmäßig unterbricht, um kurz in die Reklame zu schalten. Wahrscheinlich werden sie sich in zehn Jahren noch in die Arme nehmen und Erinnerung anmahnen. „Weißt du noch Schatz, die Werbepausen bei unserer Hochzeit? So romantisch.“

Aber es war beileibe nicht die einzige Überraschung, die dieser Abend gebar. Auch die Tatsache erstaunte, dass RTL II eine Dreiviertelstunde Trauung übertrug inklusive Predigt, Vaterunser und gruselig playbackgetriebenen Sangesdarbietungen. Wer da zufällig reingeraten war, dürfte die Welt nicht verstanden haben. Läuft das Wort zum Sonntag jetzt bei RTL II? Ja, tat es wohl, und die zugehörige Bibellesung war so etwas wie die Erholung für alle die Feierlichkeitsbeschwörungsversuche, die vorab zu ertragen waren und die vor Billigkeit nur so strotzten.

Das begann schon bei der Vorfahrt der Gäste, die über einen pinken Teppich zur Kapelle mussten. Mit dabei war auch Winnetou, der verstorbene Apachenhäuptling. Dachte man zumindest kurz, aber dann fiel auf, dass es sich um den Bräutigamsvater handelte, um Costa Cordalis, den man fälschlicherweise vor der italienischen Küste gekentert wähnte. Mit seinem Auftauchen war klar, dass nicht nur drohende Regenwolken über der Zeremonie schwebten, sondern auch die große Wahrscheinlichkeit, dass dieser Mann im Laufe des Abends auch noch das tun würde, wofür er berüchtigt ist. Er hat es dann später auch getan, er hat gesungen, und es war wie erwartet.

Aber nein, alles falsch. Alles war ganz wunderbar. Alles war Superlativ. Zu dem Schluss konnte man jedenfalls kommen, wenn man den gelegentlich leicht verzweifelten Moderationen von Jana Ina und Giovanni Zarrella glauben wollte. Die versprachen am laufenden Band die emotionalsten Momente. Kaum war der eine emotionalste Moment vorbei, kam schon der nächste emotionalste Moment. Konsequent wäre da gewesen, eine eigentlich verbotene Steigerung einzubauen, also die Ankündigung des emotionalstesten Moments.

Man darf es bei solch einem Ereignis mit der Grammatik nicht so ganz genau nehmen. Schließlich hieß das Motto sehr offensichtlich Kitsch as Kitsch can. Dafür hatten sieben Dekorateure, neun Floristen, ein Wedding-Planer und 13 000 Blumen gesorgt. Leider hatte man in all dem Ausstattungswahn vergessen, gute Kamerapositionen festzulegen und ein paar Kameras mehr aufs Gelände zu bringen. Da wurde eindeutig am falschen Ende gespart, denn immer wieder gähnten hinter der abzulichtenden Szenerie große Löcher.

Auch in der dramaturgischen Abfolge tauchten nach der Trauung immer häufiger ungewollt stille Momente auf, in denen offenbar niemand wusste, wie es weitergehen würde, was gelegentlich die Atmosphäre einer schlecht organisierten Vertreterparty der Strombergliga aufkommen ließ. Aber vielleicht gehörte ja dieses ungelenke Bemühen auch nur zum Versuch, das Event mit einem Hauch von Authentizität zu überstreichen, auf dass man es aufnehmen könne mit den großen Dokusoap-Hochzeiten der Sarah-Connor- und Gülcan-Kamps-Klasse.

Wie das Brautpaar nun von RTL II weiter vermarktet wird, ist noch unklar. Next Stop Scheidung? Nein, so böse will man nicht unken. Da geht noch was vorher. Darauf hat ja schon der Pfarrer hingewiesen, der in Gottes Namen dem Paar seine Bestimmung verkündete. „Ihr sollt wie eine kostenlose App sein. Wer bei euch draufklickt, soll sehen: So ist Liebe.“ Die Daniela-und-Lucas-App! Romantischer kann man es kaum sagen. Zumindest nicht bei RTL II.