Die Lobhudelei kommt an diesem Abend vom Intendanten höchstpersönlich. Und gelobt wird nicht irgendwer. Nein, Tom Buhrows Worte sind an Christine Westermann und Götz Alsmann gerichtet. Jenes ungleiche Paar, das sich 1996 erst finden musste, um dann 20 Jahre lang so wunderbar zu harmonieren. Sie, die emotionale Journalistin mit Hang zu persönlichen Fragen. Er, der musizierende Entertainer mit Hang zur rhetorischen Blutgrätsche. Kaum zu glauben, dass nun tatsächlich Schluss sein soll mit der Anarchie am Sonntagabend, die für die Moderatoren häufig schon hinter der Bühne mit einem Gläschen begann. "Ich trinke Kölsch und Götz trinkt Bier", sagt Westermann und enthüllt zum Abschied Erstaunliches: "Bevor wir hinten rauskommen, macht er manchmal die Hose auf."

In der Abschiedssendung von "Zimmer frei!", die am Mittwoch in den WDR-Studios in Bocklemünd aufgezeichnet wurde und am kommenden Sonntag ausgestrahlt wird, kann man noch einmal ganz gut sehen, was dieses Duo ausgemacht hat. Da stehen zwei vor der Kamera, die sich für keinen Blödsinn zu schade sind und sich im Zweifel einfach zu zweit einen schönen Abend machen, wenn der Gast wahlweise langweilig oder träge und im schlimmsten Fall sogar beides ist. Alsmann trägt schräge Kopfbesetzungen, obwohl sie ihm nicht stehen, und Westermann singt inbrünstig, obwohl sie nur selten einen Ton trifft. Ihren Mut, nicht perfekt zu sein, hat das Publikum über all die Jahre hinweg honoriert. Die Gäste schätzten dagegen, dass sie inmitten des Klamauks nie Gefahr liefen, vorgeführt zu werden. Sieht man mal von Cherno Jobatey ab.

In der Abschiedssendung kann man aber ebenso gut sehen, dass nun womöglich der richtige Zeitpunkt gekommen ist, um das Kapitel "Zimmer frei!" zu beenden. Längst schon ist die Anarchie wohl-kalkuliert; viel Routine hat sich über die vielen Jahre hinweg eingeschlichen. Dass die Show wie ein Relikt aus alten Zeiten wirkt, macht sich besonders in zwei Spielen bemerkbar, die die Moderatoren in ihrer letzten Sendung zusammen mit ihren prominenten Gästen spielen. Als es darum geht, Musiktitel zu erraten, wird schnell deutlich, dass sämtliche Hits von gestern sind. Gleiches zeigt sich auch noch einmal kurz vor dem Ende, als es gilt, Titelmelodien bekannter Filme zu Serien zu erraten. Die großartigen Produktionen von heute fehlen komplett; stattdessen geht’s um ganz viel Schnee von gestern.

Zimmer frei! - Der Abschied© WDR/Ben Knabe

Momente wie diese führen dem Betrachter recht offensichtlich vor Augen, dass das Format, das Nikolaus Brender einst als frischen Lückenfüller im Sommerprogramm auf den Weg brachte, in seinen letzten Zügen zu einem großen nicht unerheblichen Teil in der Vergangenheit lebte. Das ist nicht weiter schlimm und trug in aller Regel zum Charme der Sendung bei. Wirklich schlimm ist jedoch, dass das deutsche Fernsehen mit "Zimmer frei!" eine seiner letzten Shows verliert, in denen noch herrlicher Quatsch entstehen durfte. Skurrile Städtenamen mit einer heißen Kartoffel im Mund zu sprechen, gehörte bei "Zimmer frei!" seit jeher zum guten Ton. Bedauerlicherweise scheinen die heutigen Fernsehmacher diese Art von Nonsens weitgehend verlernt zu haben. Oder aber man lässt sie ihn schlicht nicht mehr veranstalten.

Mühsame Aufbauarbeit beginnt

Es kommt deshalb nicht von ungefähr, dass der WDR ab Januar auf dem "Zimmer frei!"-Sendeplatz ein Quiz mit Marco Schreyl ausstrahlen wird – in der Hoffnung, der ungekrönte Meister der überdehnten Pausen könne dadurch zum Gesicht des Senders werden. Davon besitzt der WDR inzwischen erstaunlich wenige. Bettina Böttinger ist noch eines davon und auch Ranga Yogeshwar gehört dazu, doch dann wird die Personaldecke ganz schnell dünn. Wenn jetzt also Christine Westermann und Götz Alsmann den Rückzug antreten, muss die große ARD-Anstalt mit mühsamer Aufbauarbeit beginnen. Fast scheint es, als habe man nicht nur die Leichtigkeit in der Unterhaltung verloren, sondern auch den richtigen Riecher, wenn es darum geht, frische Gesichter zu etablieren – und zwar lange bevor sich all die alten Hasen in den Ruhestand verabschieden.

Das Ende von "Zimmer frei!" wäre leichter zu verschmerzen, gäbe es doch bloß die Gewissheit, dass da noch etwas ist, das auch nur ansatzweise imstande ist, die entstehende Lücke zu füllen. Es ist anzunehmen, dass sich dessen auch der WDR-Intendant bewusst ist, als er seine bedeutungsschwangeren Worte an dieses wunderbare Moderatoren-Duo richtet. Seine nächste Lobhudelei wird vermutlich lange auf sich warten lassen.

"Zimmer frei! - Der Abschied" läuft am Sonntag um 22:15 Uhr im WDR Fernsehen.

Mehr zum Thema