Die Welt der Pfeffermans ist eine ganz eigene. Sofern Sie bislang noch nicht die Gelegenheit dazu hatten, in sie einzutauchen, sollten Sie das ganz schnell nachholen und damit beginnen, sich die ersten beiden Staffeln von "Transparent" bei Amazon anzusehen. Erzählt wird nämlich eine ganz besondere Familiengeschichte. Amerikanisch, jüdisch, queer: Diese Schlagworte beschreiben das Setting, in dem Serienerfinderin und Produzentin Jill Soloway die Pfeffermans verortet hat, ganz gut. Trotzdem braucht es mehr als drei Worte, um diese irgendwo zwischen Drama und Comedy beheimatete Geschichte zu erklären. Zu vielschichtig sind die Charaktere mitsamt ihrer so unterschiedlichen Lebensentwürfe, um die es hier geht.

Möchte man nach einer Gemeinsamkeit den Pfeffermans suchen, dann ist es vermutlich ihr Hang dazu, sich unglücklich zu fühlen. Da sind die drei Geschwister, die ständig auf ihre ganz eigene Weise nach dem Sinn des Lebens suchen. Und da ist allen voran natürlich Familienoberhaupt Mort, der sich im Laufe der ersten beiden Staffeln dazu entschließt, als Frau weiterzuleben und fortan Maura genannt werden möchte. In der dritten Staffel, die seit einigen Tagen bei Amazon zum Abruf bereitsteht, verändert sich jedoch der Fokus. Ging es anfangs noch um den Umgang der Familie mit Mauras Leben als Transfrau, so steht nun die Frage, wie es eigentlich weitergehen soll, im Mittelpunkt.

Nach ihrem mutigen Outing fand sie die Liebe, dennoch fehlte ihr so einiges zum Glück. "Mein Leben ist schön. Weshalb bin ich dann so bedrückt?", hört man sich Maura kurz vor ihrem 70. Geburtstag fragen, während in ihr allmählich der Entschluss reift, den Wandel hin zur Frau weiter voranzutreiben - nicht nur mit neuer Frisur, sondern allen voran mit einer groß angelegten medizinischen Umwandlung. Und "Mapa", diese Mischung aus Mama und Papa, möchte sie nicht mehr genannt werden, wie Maura ihrer Familie eindeutig zu verstehen gibt. Ihre Suche nach Antworten wird gleich zu Beginn der dritten Staffel ersichtlich. Engagiert als freiwillige Helferin einer Telefonseelsorge, versucht sie einer jungen Transsexuellen aus dem Süden von Los Angeles zu helfen, scheitert jedoch letztlich an einigen wahrhaft unglücklichen Umständen, die dazu führen, dass sich Maura später in einem Krankenhaus wiederfindet.

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Besonders wird es, wenn sich die Serie eine ganze Folge lang traut, das Rad um gleich mehrere Jahrzehnte zurückzudrehen und Mauras Kindheit zu erzählen, die ebenfalls schon geprägt war vom Zweifel am eigenen Geschlecht. Doch es ist eben längst nicht nur die Lebensgeschichte der vom gerade erst mit seinem zweiten Emmy ausgezeichneten Jeffrey Tambor so vielschichtig verkörperten Maura Pfefferman, die weitergesponnen wird. Gleichzeitig macht auch das nicht weniger kompliziert erscheinende Leben ihrer erwachsenen Kinder keinerlei Pause. Sarah (Amy Landecker) versucht sich gleichzeitig an Spiritualität und Sado-Maso-Spielchen, Josh (Jay Duplass) sucht einen Weg, um über das Ende seiner Beziehung zu Rachel hinwegzukommen, und Ali (Gaby Hoffman) sucht weiter das Glück zwischen ihrem Job und dem Verhältnis zu einer wesentlich älteren Frau.

All diese Fäden sind einmal mehr sorgsam miteinander verwoben, es ist lustig, traurig und sehr persönlich – alleine schon, weil sich Jill Soloways Vater vor einigen Jahren im hohen Alter selbst dazu entschloss, als Frau durchs Leben zu gehen. Nach zwei wunderbaren Staffeln weiß auch die Dritte zu überzeugen, wenngleich sie auch erzählerisch ein Stück weit anders daherkommt als etwa die zweite Staffel, in der sich Gegenwart und Vergangenheit auf eine ganz besondere Weise vermischten. Die neuen Folgen wirken etwas klassischer, ohne jedoch an Schwung zu verlieren. Die starke Konzentration auf das Wesentliche – nämlich die Sinnsuche der Pfeffermans – lässt die Zuschauer tiefer denn je eintauchen in den besonderen Kosmos, den sich Soloway mit viel Liebe zum Detail erdacht hat.

Genau das ist es, was die dritte "Transparent"-Staffel an manchen Stellen sogar noch ein wenig besser macht als ihre beiden Vorgängerinnen, auch wenn sie letztlich so manche Antwort auf große Fragen schuldig bleibt. Aber weshalb sollte es in der Serie anders sein als im wahren Leben?