Viele Menschen wollen in den Medien arbeiten und seit 2010 "Was mit Medien" auch endlich ein offizieller Ausbildungsberuf der IHK geworden ist, stellt das überhaupt kein Problem mehr da. Auch ich muss offen gestehen: Ja, diese verrückte Welt zieht mich in ihren Bann. Doch während die Meisten davon träumen ein fulminanter Fernsehstar, selbstherrlicher Superjournalist oder Heidi Klum zu werden, habe ich eine viel spezifischere Vorstellung, wohin meine Reise gehen soll: Ich will verdammt nochmal in den ZDF-Fernsehrat!


Den gibt es nämlich. Sechzig Mitglieder, vier Tagungen im Jahr, beste Leben. Doch was macht so ein sagenumwobener Fernsehrat eigentlich den lieben langen Tag? Wer ist da Mitglied? Warum? Wie kommt man da überhaupt rein? Und viel wichtiger: Wieder raus? Auf der offiziellen Webseite wird dem kundigen Gebührenzahler erklärt: Der Fernsehrat soll das ZDF-Programm kontrollieren, wählt den Intendanten, berät ihn in Programmfragen und überwacht das Programm und Online-Angebot. 

Das klingt für mich nach jeder Menge Fun, Fun, Oberfun! Vor allem, weil zwei von den drei genannten Zentralaufgaben irgendwie exakt die Gleichen sind. 

Ich werde hellhörig und beginne mich für diesen Job zu interessieren. Weitere Recherche: Wie sieht's denn mit der Kohle aus? Als Fernsehratsmitglied erhält man Reisekosten, Sitzungsgelder und eine Aufwandsentschädigung von 520 Euro monatlich, obwohl man ja nur alle vier Monate eine solche Sitzung hat. Der Vorsitzende erhält das Doppelte. Pro Sitzungstag gibt es noch einmal für jeden 150 Euro. 

Das reicht dicke, vor allem, weil der Fernsehrat ja nur ein lustiger Nebenjob ist. Alle Mitglieder haben noch richtige Berufe: Friedrich Wilhelm Bluschke ist zum Beispiel Vorsitzender des Deutschen Paritätischen Wohlfahrtsverbandes, Marlies Jensen ist Stellvertretende Vorsitzende des Seniorenrates des Landes Brandenburg und Erika Steinbach ist Sith-Lord auf dem Todesstern. Ich klicke mich durch die Mitglieder und muss entsetzt feststellen: Altersdurchschnitt 1.000!


So sehen die Menschen aus, die stellvertretend für alle deutschen Bundesbürger das Programm bestimmen? 

Zwielichtig! Überwiegend alte, weiße Männer und Frauen. Ein einziges muslimisches Mitglied? Eine einzige Stellvertreterin aller deutschen homo- oder bisexuellen Bundesbürger? Keiner unter dreißig? Die brauchen mich! Ich bin perfekt für den Job! Nach 1995 wurden nur noch zwei Arten von Fernsehzuschauern auf die Welt gebracht: Diejenigen, die nur über das Fernsehprogramm schimpfen (ich) und die, die gar nicht wissen, dass es überhaupt noch existiert (alle meine Freunde). Ich gehöre zu der aussterbenden Spezies, die noch als Nachwuchs gefördert werden kann! Frischfleisch! "Nehmt mich hart", denke ich, "Ich will auch so cool sein wie Markus Söder!" 

 

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Da ich auf Biegen und Brechen nicht genau herausfinden konnte, wie ich in den Genuss einer solchen fantastischen Mitgliedschaft kommen kann, greife ich nun verzweifelt zu den drastischsten mir bekannten Mitteln und missbrauche schamlos Deutschlands erfolgreichstes Satiremagazin DWDL.de, um meinen nun nicht mehr heimlichen Traum endlich wahr werden zu lassen. Man muss sich zu helfen wissen. Ich weiß, dass zwangsläufig Mitarbeiter des ZDF ab und zu auf dieser Seite surfen, darum hier die Bitte, falls ihr das lest: Horchet nun auf! Ich habe etwas gebührend zu vermelden: 

Sehr geehrter Herr Fernsehrat,

ich, Miguel Robitzky (19 Jahre, coole Frisur) möchte hiermit offiziell meine Initiativbewerbung für eine Mitgliedschaft bei Ihnen einreichen. Ich besitze alle Fähigkeiten, die man braucht, um im Fernsehrat gewissenhafte Arbeit zu leisten: Ich kann das ZDF-Programm einschalten und anschauen, kann Zeige- und Mittelfinger gegen meinen Augapfel drücken, weiß, wo bei "Johannes B. Kerner" das B hinkommt und würde zur Not auch mit Andrea Kiewel schlafen. Wie man ein Oberhaupt wählt (z.B. Intendant oder Mainzelmann) weiß ich noch von Klassensprecherwahlen, aber das findet ja sowieso nur alle fünf Jahre statt. 

Ich kann nahezu fehlerfrei Plätzchen verputzen und dabei so tun, als würde ich jemandem zuhören. Außerdem zählt zu meinen ausgeprägtesten Fähigkeiten: Programme kontrollieren (bevorzugt mit Chips und Cola), sitzen, von Gebührengeldern zu Mittag (und eventuell auch zu Abend) essen und dem heiligen Lanz huldigen. Und wenn es denn nun wirklich nötig sein sollte, könnte ich sicherlich auch ein paar Innovationen aus dem Ärmel schütteln. 

Kreativ möchte ich mich gewinnbringend einbringen und mit klaren Forderungen für ein besseres Fernsehprogramm und somit für einen besseren Planeten sorgen: Mehr Kerner, mehr Quiz, mehr Haare für Oliver Welke. 

Außerdem: Irgendwas mit App, eine Stunde mehr für alle Shows mit Steven Gätjen, eine Stunde weniger für alle Sendungen, die mit "SOKO" beginnen und Ritalin für Comedy-Außenreporter der "heute show". Ganz wichtig: Todesstrafe für winkende Live-Zuschauer des ZDF-Fernsehgartens! Diese und weitere nette Vorschläge können wir ja dann zu gegebenem Zeitpunkt in einem persönlichen Gespräch vertiefen.

Mir ist durchaus bewusst, dass ich auch einige Schwächen aufzuzeigen habe, da möchte ich direkt ganz offen mit Ihnen sein. Zum Beispiel gehöre ich weder SPD noch CDU/CSU an, trinke keinen Alkohol und weiß, wo man das neue junge Angebot "Funk" finden kann. Jedoch hoffe ich aufrichtig, Sie mit meinen vorhandenen Qualitäten überzeugt zu haben und mich auf meiner Suche nach einer Herausforderung als Unterstützer nennen zu dürfen. 

Wenn sie also einen aufgeschlossenen, zuvorkommenden und hilfsbereit engagierten Menschen suchen, der das neunzigste Lebensjahr noch nicht überschritten hat und trotz Posts wie "Festivelbändchen gehören noch am selben Tag abgeschnitten! Dafür setze ich mich ein" noch immer einen sympathischeren Social-Media-Auftritt hat als Fernsehratsmitglied Markus Söder, dann reichen Sie mir ihre Gicht-Fingerchen und entsenden mich zum berühmt berüchtigten ZDF-Fernsehrat. Ich würde mich freuen, von ihn zu hören. Bis dahin verbleibe ich. 

Mit freundlichen Grüßen, Miguel Robitzky