Nicht alle Aliens wollen nach Hause telefonieren, wie Fintan Ryans neue, von Clerkenwell Films produzierte Sci-Fi-Geschichte "The Aliens" nur zu gut zeigt. Mit einem Sprung ins aktuelle Geschehen der Serie, wird dem Zuschauer nämlich schnell klar gemacht, dass die Aliens es sich schon seit knapp 40 Jahren in Großbritannien gemütlich machen und auch nicht vorhaben, demnächst wieder aufzubrechen. Wer nun aber denkt, dass Aliens und Menschen nach all dieser Zeit Hand in Hand ihre Tage bestreiten, hat sich gewaltig geirrt.

Denn die einst notgedrungen auf der Erde gelandeten Aliens sind in dieser Welt nicht mehr als soziale Schmarotzer. Grenzwärter Lewis (einer der Hauptgründe, warum man mal reinschauen kann: Michael Socha, "This Is England") versucht in der fiktiven Stadt Troy deswegen dafür zu sorgen, dass es zwischen Mensch und Alien zu keinen Konfrontationen kommt. Das läuft aber nur minder gut: Als seine Schwester Geldprobleme mit der anderen Rasse bekommt, geht es parallel mit seiner Entdeckung, dass er selbst Halb-Alien ist, plötzlich steilbergab mit seiner wohlbehüteten Karriere. Dass er sich ausgerechnet schon länger in eine der ausserirdischen Damen (Michaela Coel, "Chewing Gum") verguckt hat, hilft in der Situation auch nicht unbedingt weiter.

Nachdem "The Aliens" bereits bei funk online abrufbar ist, feiert die Serie heute auch im klassischen Fernsehen bei ZDFneo ihr Debüt. Ihre Heimat hat sie aber eigentlich beim britischen Sender E4. E4 hat sich in der Vergangenheit zwar ordentlich Material aus den Staaten kommen lassen ("How I Met Your Mother", "Smallville", "Scrubs"...), aber auch nie außer Acht gelassen, was für Stärken innerhalb der eigenen Landesgrenzen zu finden sind. Mit "Skins", "The Inbetweeners", "Shameless" oder auch "Misfits" hat man Serien ins Leben gerufen, die nicht nur beim heimischen Publikum gut ankamen, sondern von denen sich auch gerne mal der große amerikanische Bruder hat inspirieren lassen.

Mit "The Aliens" wollte man diese erfolgreiche Reihe von Eigenproduktionen fortsetzen - und ist dabei mehr oder weniger fix gescheitert. Wenige Wochen nach der Erstausstrahlung wurde verkündet, dass es keine zweite Staffel geben wird - trotz der recht ordenltichen Quoten. Entscheidend war wohl der Fakt, dass die Channel-4-Produktion nicht gerade ein euphorisches Feedback bekommen hat. "Wir haben bereits zu viele Serien für die neue Programmsaison bestätigt", verkündeten Offizielle daraufhin diplomatisch. 

Manche dürften Showrunner Fintan Ryan schon von der für die BBC produzierte Serie "In the Flesh" kennen, in der es um eine dramatische Zombieapokalypse geht und für die er viel Lob erhalten hat. Doch die bei "In the Flesh" gelobten Stärken kann er bei "The Aliens" nicht umsetzen, auch wenn Ryan seiner Grunddramatik treu bleibt und durch die Tatsache, dass seine Aliens nicht klischeehaft, sondern wie normale Menschen aussehen, auch eine gesellschaftskritische Betrachtung zu.

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Die Besucher aus dem All werden nämlich in eine Art Ghetto verschoben, aus dem sie sich nur mit besonderen Auflagen entfernen dürfen. Drogenhandel ist da nicht weit und wird in Form von Alien-Haaren, die neue Abhängigkeitsdroge der Menschen und Waschpulvertabletten, das Ecstasy der Weltraumdurchquerer, umgesetzt. Warum genau allerdings eine Art, die die Fähigkeit hat, sich durch das weite All zu uns zu bewegen, dann in einer derart traurigen Situation hängen bleibt, ist leider ein weitestgehend ungelöstes Mysterium. 

Regisseur Jonathan van Tulleken war bereits in "Misfits" involviert und hat dort einige Folgen der dritten und vierten Staffel inszeniert. Leider waren es genau diese Staffeln, bei denen die Qualität spürbar gesunken ist und die an vieles, aber nicht die grandiosen "Misfits" erinnert haben.  Auch in "The Aliens" fehlt dieser hundertprozentige Ehrgeiz, der bei den ersten Episoden einer Serie da sein muss, um den Zuschauer nicht direkt wieder zu verscheuchen. Wichtig dafür ist vor allem ein Storystrang, der einen mitreißt und im besten Falle mit einem starken Cliffhanger zurücklässt.

Hier aber passieren Sachen einfach so, weil die Geschichte in jeweils 40 Minuten eben irgendwie weiter gehen muss, aufregende Twists sucht man vergebens. Beinahe gleichgültige Dialoge bestätigen den Eindruck und sorgen vor allem dafür, dass Michael Socha und Michaela Coel ihr Potenzial nicht ausschöpfen können. Neben den Darstellern darf sich aber David Higgs und seine Kamera zu den positiven Aspekten der Serie gesellen, da er turbulente Verfolgungsjagden geschmeidig ablaufen lässt und mit Szenenshots aus einem Aquarium heraus mal etwas Ungewohntes wagt.

Für ein reinrassiges Sci-Fi-Drama ist die erste - und wohl auch letzte - Staffel aber vor allem eines: Zu einfach erzählt. Das wäre nicht ganz so schlimm, wenn man etwas zu Lachen serviert bekommen würde. Einige wenige, vorsichtige Schmunzler, bei denen man den Machern ihre Angst, ein ernsthaftes Thema etwas aufzulockern, anmerkt, reichen da nicht aus. Doch in der vorliegenden Form wirkt die Serie zu inkonsequent. Sollte "The Aliens" nämlich wirklich ein knallhartes Gesellschaftsdrama werden, hätte es mehr Hingabe zum Detail gebraucht. Und für eine Dramedy wurde vergessen, witzig zu sein. 

Alle sechs Folgen der britischen Serie werden heute, den 25. Oktober 2016, ab 22.30 Uhr ausgestrahlt.