"Die Promo kann bei uns gerne draußen bleiben. Wir wollen ganz bewusst eine große Bandbreite an Gästen und Gesprächen." Das hat "Applaus und raus"-Moderator und Comedian Oliver Polak im Vorfeld der ersten Folge des neuen Late-Talks im DWDL.de-Interview gesagt. Groß war die Bandbreite an Gästen zum Auftakt dann tatsächlich: In der ersten Sendung von "Applaus und raus" sprach Oliver Polak mit Oliver Pocher, dem Rapper Frauenarzt, einer "Spiegel Online"-Kolumnistin, einer MTV-Moderatorin, Sascha Lobo, Felicitas von Anhalt, der Schauspielerin Thelma Buabeng, einer angehenden Astronautin und, ja tatsächlich, seiner eigenen Mutter.

Doch so breit die Gästeauswahl auch war, sie war auch ein großes Problem in der ersten Sendung. Die Gespräche, die Polak mit seinen Gästen führte, blieben nämlich meist nur an der Oberfläche, wirklich interessante Themen würgte der Moderator schon nach kurzer Zeit wieder ab und ließ den nächsten Gast kommen. So sprach er unter anderem mit Oliver Pocher relativ offen über dessen aktuellen Karrierestatus - durchaus ein Thema, das man hätte vertiefen können. Auch das Gespräch mit der "Spiegel Online"-Kolumnistin Margarete Stokowski über Feminismus hätte Polak vertiefen können, zeigten sich hier doch relativ konträre Meinungen.


Überhaupt kamen wenig tiefgehende Gespräche zustande. Aber so ist das wohl, wenn in knapp 40 Minuten Netto-Sendezeit neun Gäste durch die Show geprügelt werden müssen. Polak, so der vermeintliche Clou, weiß im Vorfeld nicht, wer in seine Sendung kommt und kann alle Gäste direkt wieder nach Hause schicken. Das macht er dann auch das ein oder andere Mal sehr flott. Oft wirkt er aber auch einfach nur schlecht vorbereitet. Auch das ist eine unweigerliche Folge des Konzepts. Bei einer nicht vorhandenen Vorbereitung auf den Gast entstehen leider sehr oft nur oberflächliche Gespräche.

Vielleicht würde es mehr Sinn machen, "Applaus und raus" live zu senden. Denn die vielen Schnitte sind nicht nur relativ hart, sie zeigen auch, dass Polak mit einigen Gästen länger geredet hat, als man es eigentlich sehen konnte. Da dreht sich das gesamte Konzept, dass Polak nur so lange mit einem Gast redet wie er selbst will, auf links: Es passt in dieser Form einfach nicht in ein 40-minütiges TV-Format.

Dass die Sendung aber durchaus Potenzial hat, blitzte immer mal wieder durch. Etwa ganz am Ende, als Polak mit seiner Mutter über seine früheren Masturbations-Erlebnisse sprach. Gestellt oder nicht - das Gespräch war kurzweilig und sorgte für einige Schmunzler. Spontan reden kann Comedian Polak eben. Auch das Gespräch mit Sascha Lobo war interessant: Polak und Lobo kennen sich schon länger und Polak wusste, an welchen Stellen er für eine gute Geschichte bohren musste. Aber auch hier endete das Gespräch wieder viel zu früh. Insgesamt muss das Zusammenspiel von Moderator und Gästen besser werden.

"Stefan Raab ist tot, ich mache das jetzt hier", platzte es aus Polak nach den ersten Minuten heraus. Er sagte das mit einem Augenzwinkern und wohl wissend, dass viele Zuschauer und auch TV-Kritiker ihn mit Raab vergleichen würden. Dieser Vergleich ist aber nicht angebracht und auch nicht fair. Polak versucht schließlich etwas bei ProSieben, das Raab nie konnte: Gespräche. Immerhin blieb die bei "TV total" typische Promotion der Gäste für ihre eigenen Bücher, Filme und Sendungen bei "Applaus und raus" außen vor - so wie es der Moderator im Vorfeld versprochen hatte. Wirklich viele Erkenntnisse brachte aber auch der neue Talk nicht.

Dafür war der Einstieg in die Sendung liebevoll gestaltet. Polak wurde da als derjenige dargestellt, der den ProSiebenSat.1-Konzern durch seine neue Sendung hingerichtet hat, Moderatoren der Sendergruppe müssen in Fast Food Restaurants arbeiten und weinen an Stefan Raabs Grab um das ehemalige Sendergesicht. Dieser Einstieg hat sehr schön verdeutlicht, wie hysterisch die Diskussionen um neue Sendungen heute verlaufen: Entweder sie sind das beste, was es derzeit im Fernsehen zu sehen gibt, oder sie sind Trash-TV. So ähnlich verlief dann auch die Diskussion der Zuschauer auf Twitter. Nein, Trash ist "Applaus und raus" mit Sicherheit nicht. Luft nach oben gibt es aber auch noch genug. Oder um es mit den Worten von Oliver Polak zu sagen: "Das mit mir und ProSieben ist wie mit Germanwings und dem Piloten: Die wissen, da stimmt was nicht, lassen mich aber erst mal machen."