Wie am gestrigen Mittag bekannt wurde, konnten Forscher vor der Küste Westaustraliens mit einem Tauchroboter in 50 Metern Tiefe erstmals einen lebenden Roten Seedrachen filmen, von dem man bis vor kurzem gar nicht wusste, dass es ihn überhaupt gibt. Ein paar tausend Kilometer weiter östlich dokumentierten zur gleichen Zeit Wissenschaftler des RTL Instituts für Trashographie das Verhalten von zwölf Exemplaren einer eigentlich bereits umfassend televisionär beachteten Spezies in freier Wildbahn: dem gemeinen Schuldenpromi. Lediglich unter Zuhilfenahme zweier per Karteikärtchen ferngesteuerter Moderationsroboter.

Dieser Freitag, der 13., war also ein ganz hervorragender Tag für die Wissenschaft. Und für alle, die in den kommenden beiden Wochen nicht erst 50 Meter weit runtertauchen wollen, um mal zu sehen, wie ein paar Drachen ziemlich ins Schwimmen kommen. "Ich finde die Menschen schlimmer als die Tiere", hat's Gina-Lisa Lohfink zum Start der bereits elften Staffel von "Ich bin ein Star – Holt mich hier raus!" auf den Punkt gebracht. Und zog sogleich ins TV-Camp ein, das ja auch nicht mehr das ist, was es mal war (nämlich: das Schwerste von allen, die noch kommen werden).

Zum Auftakt jedenfalls war der januärliche RTL-Promistresstest gar nicht "härter, böser, giftiger", wie Jürgen-von-der-Lippe-Gedächtnishemdenträger Daniel Hartwich den Zuschauern weismoderieren wollte. Sondern die meiste Zeit ein kleines Fest des Friedens. Zweifellos mit Potenzial, für den ein oder anderen in den kommenden Tagen noch deutlich hölliger zu werden. Denn die Truppe, die sich der Sender für die womöglich letztmalige Besiedelung des alten Regenwaldfleckchens zusammengekauft hat, ist keine schlechte. Auch wenn Nastassja Kinski ihre Zusage ganz kurz vorher noch überraschend zurückgezogen und gekniffen hat.

Der Rest ist "nicht verbraucht, sondern Vintage", lästerte Hartwich zur Vorstellung der Teilnehmer – "lauter Kandidaten, bei denen man das Gefühl hat: Mensch, waren die nicht schon mal dabei?"

Waren sie aber gar nicht, sondern halt bloß, so wie Ersatzkandidatin Kader Loth, schon in allen anderen Promiquäl-Shows, die das deutsche Fernsehen bislang veranstaltet hat, bevor endlich doch noch die "Champions League der Reality" anrief (und Oliver Kalkofe endgültig verzweifeln muss). Oder so wie Sarah-Joelle Jahnel, die sehr bald von sich behaupten können wird, einmal das komplette RTL-Trash-Programm durchgespielt zu haben. Freilich mit mittelmäßigem Erfolg: "Fans hab ich bis jetzt keine. Wär' schön, wenn ich danach ein paar Leute auf meiner Seite stehen hätte."

"Botox-Boy" Florian Wess hingegen ist dabei, um den vielleicht ersten Triumph seines Lebens auszukosten: "Ich hab bisher noch nicht mal'n Rubbellos gewonnen." Dafür aber schon eine neue Feindschaft mit dem selbsternannten Camp-Beau "Honey", der sich gleich anhören durfte, was Wess von ihm hält (nix) und dass das vermutlich noch Ärger gibt (am Samstag in der Dschungelprüfung, in die das Publikum die beiden prompt als Kontrahenten gewählt hat).

Ein paar Teilnehmer blieben zum Auftakt noch unerwartet blass. Loth mal ausgenommen, bei der das ein Feature zu sein scheint. Auswanderer-Star Jens Büchner muss sich mit seiner "Charmantität" erst noch dran gewöhnen, in seinem Umfeld ausnahmsweise mal nicht die größte Nervensäge zu sein; und Ex-Boyband-Sänger und Jetzt-Stripstar Marc Terenzi outete sich gleich vorsorglich als Trump-Wähler, um seine Eignung für die Show zu belegen.

Dafür hatten zwei Team-Mitglieder, von denen man es eher nicht erwartet hätte, schon ihre großen Auftritte. Zum einen Hanka Rackwitz, die ganz früh mal bei "Big Brother" und später Maklerin bei "mieten, kaufen, wohnen" war und zusammen mit ihrer Angststörung ins Camp gezogen ist, die sie zwar nicht abstellen kann, aber ganz genau im Auge behält. Sie sei wahrscheinlich "die diagnostiziert Verrückteste", die jemals an der Show teilgenommen hätte, erklärte Rackwitz vorab und selbstdiagnostizierte ihr Schwanken zwischen grundloser Panik und tapferem Selbstzuspruch: für ihre Angst sei's ja "egal, wo ich bin".

Comedian Markus Majowski ist offensichtlich auch zu zweit eingezogen, einmal als spiritueller Geist ("Ich bin das Helle, das Lachen, das Traurige auch"), und einmal als Hygienewüterich ("Es wird jetzt sofort gesäubert und zwar zackig, ist das klar?"). In der ersten großen Dschungelprüfung verspachtelte der eine von den "Dreisten Drei" ohne zu meckern Truthahnhoden mit Rattenschwänzen und Kotzfrucht und entschuldigte sich anschließend bei den Sandwürmern dafür, sie zerkaut zu haben: "Ich habe einen Fehler gemacht, aber ich verzeihe mir."

Nur die fermentierten Sojabohnen ließ Majowski wegen der potenziellen Alkoholspuren liegen und erklärte auf Hartwichs Nachfrage so umschweifslos, dass es jedem Boulevard-Redakteur als Schreck durch die Glieder gefahren sein muss: "Ich bin trockener Alkoholiker."

Dass diesmal kein einziger Promi das Camp verlassen wird, ohne an einer Dschungelprüfung teilgenommen zu haben, steht auch fest: Alle zwölf haben nämlich schon eine Mini-Variante hinter sich. Im "Duell der Stars – die RTL Dschungelarena", einer fiesen Anspielung auf den frischesten Flop der geschätzten Konkurrenz, wurden bereits Flusskrebse gelutscht, Riesenraupen gefuttert, grüne Ameisen gepuzzelt und Kakerlakenhelme getragen. Und alle haben's überlebt. Die langen Kennenlerntreffen mit üppiger Henkersmahlzeit sind ebenfalls endgültig passé. Nur ein kurzes Hallo am Strand trennte die Teilnehmer von ihrer sofortigen Dschungelversetzung. Wie schon im vergangenen Jahr sind wieder zwei Camps eingerichtet, die gegeneinander um ihr Abendessen kämpfen.

Zu besprechen und zerstreiten gibt's in den kommenden Tagen noch genügend Anlässe, und Gina-Lisa hat auch schon erste, wenn auch nicht besonders ergiebige Einblicke in ihr Seelenleben nach dem von der Öffentlichkeit vielbeachteten Prozess gegeben. Wo sollte das auch besser besprochen werden als live im australischen Busch?

Oder um's mit Lohfinks Worten zu sagen: "Irgendwann landet doch jeder dort." Die, von denen man glaubt, dass sie schon längst dagewesen sind. Und die, von denen man gestern noch gar nicht wusste, dass es sie überhaupt gibt. An die Kameras hat sich der Rote Seedrache ja jetzt schon gewöhnen können.