Kann man im Jahr 2019 ernsthaft noch ein TV-Format machen, in dem es darum geht, Männer drei Tage lang mit ihren Kindern alleine zu lassen, um zu schauen, was passiert? Kann man: RTL hat mit "Mensch Papa! Väter allein zu Haus" nun ein genau solches Format am Nachmittag gestartet. Zuletzt hagelte es vor allem in den sozialen Netzwerken Kritik. Heute gebe es schließlich auch viele Papas, die zu Hause bleiben, hieß es da oft. Das stimmt zwar grundsätzlich, dennoch dürfte es der Produktionsfirma Imago TV nicht schwer gefallen sein, entsprechende Familien zu finden, in denen eben doch noch diese alte Rollenverteilung herrscht.

RTL könnte den Kritikern ganz leicht den Wind aus den Segeln nehmen, indem man die Sendung auch für Frauen öffnet, die dann eben für ein paar Tage den Hausmann vertreten. Dann könnte man das Format nicht mehr "Mensch Papa!" nennen und vermutlich müsste man sich auch eine andere Marketingstrategie ausdenken. In den Köpfen vieler Menschen ist es eben doch noch so, dass die Frau den Haushalt schmeißt und der Mann arbeiten geht. Aber was nicht ist, kann ja noch werden. Eine Woche lang testet man nun erst einmal nur mit Männern.

Eine viel größere Schwachstelle als das Klischee, das RTL mit der Sendung bewusst bedient, ist aber die Vorhersehbarkeit. Zumindest in der ersten Folge hat man eine Familie gefunden, bei der der Mann laut eigenen Aussagen nicht kochen kann und auch sonst nie im Haushalt hilft. Als die Frau die Familie schließlich für drei Tage verlässt, hinterlässt sie ihm eine lange Aufgabenliste und da ist Papa Rafael das erste Mal sehr erstaunt. Er soll Essen machen, Kleidung kaufen, mehrmals täglich die Wäsche machen und den Garten in Schuss bringen. Dennoch gibt sich Rafael optimistisch und sagt: "Wenn meine Frau es schafft, warum soll ich es nicht schaffen?"

In den folgenden Tagen bekommt Rafael dann zwar alles mehr oder weniger gut geregelt, aber eben auf seine Weise. So gibt’s zur Bolognese-Soße eben noch einen kräftigen Schuss Ketchup, zum Frühstück dürfen die Kinder Wackelpudding essen und beim Einkaufen der Kleidung für die Kleinsten wird es keine gefütterte Hose, sondern eine ganz normale Jeans ("Aber ich werde gucken, dass die Kinder im Winter eine Strumpfhose drunter anziehen.") So weit, so pragmatisch. Später muss er noch nachts das Haus sauber machen, weil er es tagsüber nicht geschafft hat. Das ist alles sehr vorhersehbar, "Mensch Papa!" bleibt im Stereotyp-Rahmen, den man sich selbst gesetzt hat.

Etwas unecht wirken in dem Format ständige Einwürfe des ältesten Kindes, das zu allem, was der Vater macht, einen besserwisserischen Kommentar zu haben scheint und immer dann die Augen rollt, wenn Papa mal wieder etwas nicht so gemacht hat, wie Mama das wohl erledigt hätte. Am Ende ist sich Rafael sicher: "Arbeiten ist für mich wie Urlaub." Die Erkenntnis, dass das Arbeitspensum der Hausfrau nicht zu unterschätzen ist, kommt ebenfalls nicht sonderlich überraschend.

Mensch Papa! Väter allein zu Haus© MG RTL D / Imago TV
Am Ende gibt's ein Zeugnis: Was hat Papa geschafft, was nicht?

An einigen Stellen wird es dann aber doch recht witzig. Immer dann, wenn Rafael es tatsächlich nicht besser weiß, ist das Format stark. Etwa als er den vollen Wäschekorb auf den Wäscheständer stellt und dieser dabei fast umkippt. Oder als beim Kochen der Spaghetti die Hälfte neben dem Topf landet. Dass der Vater offensichtlich Kettenraucher ist und immer sagt, er müsse "mal kurz Luft schnappen" (um dann rauchen zu gehen), entbehrt ebenfalls nicht einer gewissen Komik.

Kommentiert werden die Leistungen der insgesamt fünf Männer übrigens immer von den Frauen, die die von Imago TV produzierten Einspieler sehen. Das wirkt ein wenig wie ein launiger Mädelsabend, ist aber noch längst nicht so unterhaltsam wie etwa bei "Shopping Queen" oder anderen Formaten dieser Art. Und manchmal zeigen hier auch die Frauen, welches Rollenbild sie haben. "Ich hätte nicht erwartet, dass er irgendwas gemacht hat", sagt Rafaels Frau kurz vor ihrer Rückkehr. Weil sich Rafael dann aber doch recht gut geschlagen hat, bekommt er von allen fünf Frauen in der Runde einen Daumen nach oben. In den nächsten Tagen müssen sich noch vier andere Männer allein zu Haus beweisen. Letztlich ist "Mensch Papa!" eine erwartbare Dokusoap, die nur wenig Fallhöhe besitzt. Auf die inzwischen völlig veränderten Rollenbilder in der Gesellschaft wird das Format jedenfalls keinen Einfluss haben.

RTL zeigt insgesamt fünf Folgen von "Mensch Papa! Väter allein zu Haus" zwischen Montag und Freitag ab 15 Uhr.