Film und Fernsehen, man kann es gar nicht laut genug anprangern, sind von einer Krankheit namens Reproduktitis befallen, die alles Leben darin tötet wie Sagrotan selbst nützliche Bazillen im Klo. Serials, Spin-offs und Bootlegs, dazu Sequels, Prequels, gar Midquels, gerne mit Superhelden auf dem Plakat und von entsprechender Schlichtheit fluten seit Jahren, ach: Jahrzehnten das kreativ ausgedörrte Kino. Da ist es nur folgerichtig, dass selbst dem 3. Goldenen Zeitalter des Fernsehens langsam der Glanz abhanden kommt.

Schon als Anfang der Achtziger – im schillernden "Hill-Street-Blues"-Amerika natürlich, nicht dem beigegrauen "Traumschiff"-Deutschland – das 2. begann, wurden schließlich massenhaft Blockbuster zu TV-Ware verwurstet. Von "Teen Wolf" über "Dirty Dancing" bis "Ferris macht blau" blieben sie jedoch allesamt nicht nur völlig inspirationsfrei, sondern auch furchtbar erfolglos. Was sich im Grunde erst 1997 änderte, als die Vampirjägerin "Buffy" von der Leinwand auf den Bildschirm wechselte und 144 Folgen lang Topquoten einfuhr.

Nach diesem Dammbruch fand die Flut der Kopien kein Halten mehr. Und sie schwoll unterm Seitendruck des Streamings nochmals an. Seither werden Klassiker wie "Fargo", Komödien wie "My Big Fat Greek Wedding", Blockbuster wie "Indiana Jones", selbst Deutsches Kino wie "Das Boot" seriell ausgewalzt. Und während wild über die vielteilige Rückkehr des "Halloween"-Schlächters Michael Myers spekuliert wird, zeigt Sky heute zeitgleich mit George Clooneys Starzplay-Adaption der Antikriegesgroteske "Catch-22" ein Remake, auf das die Welt, nun ja, vielleicht nicht unbedingt gewartet hat: "Der Name der Rose".

Schon die Adaption des damaligen Nachwuchsregisseurs Jean-Jacques Annaud unter der Ägide des damaligen Nachwuchsproduzenten Bernd Eichinger aus dem Jahr 1986 ist bis heute höchst umstritten. Zu philosophisch schien Umberto Ecos achthundertseitiges Mittelalter-Epos für die visuellen Ansprüche der Leinwand, vor allem aber: zu komplex für die Verdichtung auf ganze zwei Stunden. Wie sollte es die italienische RAI mit der deutschen Tele München Gruppe bei halb so hohem Etat für die vierfache Sendezeit da grundlegend besser machen? Die naheliegendste Antwort wäre: Indem sie sich diesmal nicht auf die Ermittlung einer Mordserie an Mönchen von Mönchen unter Mönchen konzentriert, sondern das postmodern-philosophische Grundgerüst der Literaturvorlage.

Leider macht Annauds international halbvergessener Kollege Giacomo Battiato, der seine besten Jahre beim Start der Erstverfilmung bereits hinter sich hatte, das exakte Gegenteil und liefert auf acht Stunden Länge bloß ein kaugummiartig gedehntes Remake vom Original. Anstatt Ecos postmodernen Bildersturm am Rande der Renaissance zu bebildern, malt er nach dem Drehbuch von Andrea Porporati und Nigel Williams doch wieder nur ein Kriminalgemälde vor pophistorischer Fototapete – nur dass sie diesmal vorwiegend am Computer entstanden ist, vor dem sich ein Personal, dem bis tief ins Komparsenheer hinein, der authentische Glamour von 1986 fehlt.

Als klösterlicher Hauptkommissar William von Baskerville zum Beispiel ist John Turturro so weit entfernt von Sean Connerys selbstironischen Beharrlichkeit, als müsste der Hollywoodstar früherer Tage ("Barton Fink") zum schnöden Broterwerb mit ewiggleicher Mine den Schwiegervater eines Pilcher-Melodrams spielen. Gleiches gilt für Baskervilles gottesfürchtig-aufgeweckten Adlatus Adson von Melk, der in Damian Hardungs ("Club der roten Bänder") eintöniger Interpretation die Agilität eines Koala-Bären verströmt, nicht das religiös gedämpfte Feuer des jungen Christian Slater. Hatte man Annaud über die schicken Hauptdarsteller hinaus dafür kritisiert, eine Freakshow entstellter Mönche von Helmut Qualtinger bis Ron Perlman zu besetzen, erinnern die Brüder in ihrer klinischen Sauberkeit nun eher ans Kloster Kaltenthal im Ersten als eine Benediktiner-Abtei im franziskanischen Religionsstreit anno 1327.

Abgesehen von drei Protagonistinnen, die der nahezu frauenfreien Erzählung untergejubelt werden, klebt Battiato also bis zur Selbstverleugnung am 33 Jahre alten Vorbild, ohne es nennenswert auszugestalten. Doch selbst die weiblichen Sidekicks des kirchlichen Kriminalthrillers dienen nicht der Geschichte, sondern ihrem Sexappeal. Während das namenlose Mädchen im Original zur weltlichen Prüfung des angehenden Priesters Adson dient, wird sie hier zum schmollmündigen Degeto-Accessoire im Kampf um Liebe und soziale Gerechtigkeit – dem noch zwei weitere Frauen beigemengt werden, die super aussehen, extrem kernig sind und sich nur dann in Zeitlupe bewegen, wenn sie Kinderköpfe tätscheln.

Das alles wäre jedoch nicht halb so ärgerlich, würde derlei Historytainment Ecos Werk nicht die Chance nehmen, es seiner Bestimmung zuzuführen: Als zeitloser Kommentar auf die ungebrochene Macht von mystischer Wahrheit und politischer Lüge – was im rechtspopulistischen Sturm der Gegenwart wieder religiöse Züge annimmt. Anders als die brillante Serienadaption der fortschrittsskeptischen Siebzigerjahredystopie "Westworld" etwa begnügt sich "Der Name der Rose" auf gleichem Kanal damit, alten Wein in längere Schläuche für Trinker zu kippen, die am liebsten Spätlese trinken.

"Der Name der Rose" ist ab sofort immer freitags ab 20:15 Uhr bei Sky 1 zu sehen. Zum Start sind auch alle Folgen auf Abruf auf Sky Ticket, Sky Go und On Demand verfügbar.