In Cannes müssen die künftigen Konzernkollegen von Warner Bros. und Eyeworks dieses Mal noch getrennt auftreten. Zwar ist seit Februar bekannt, dass der US-Konzern alle Eyeworks-Töchter außerhalb Nordamerikas übernimmt. Da jedoch in etlichen betroffenen Märkten noch die kartellrechtliche Prüfung läuft, kann der Schritt formal erst in einigen Monaten vollzogen werden.

Der Warner-Deal ist einer der jüngsten und größeren Schritte in einer Entwicklung, die den internationalen Produzentenmarkt seit Jahren umkrempelt. Die Zeichen stehen auf Konzentration und Konsolidierung. Gerade die vergangenen Monate zeigen, dass diese Entwicklung noch längst nicht abgeschlossen ist. Die Zahl der unabhängigen Player von relevanter Marktgröße sinkt und sinkt und sinkt.



Ganz vorn mischt der britische ITV-Konzern als Gestalter der weltweiten Konsolidierung mit. Dessen Produktionsarm ITV Studios hat Ende 2012 einen Mehrheitsanteil am US-Reality-Produzenten Gurney Productions erworben, der vor allem durch den Doku-Soap-Hit "Duck Dynasty" bekannt ist. Seither folgten auf der ITV-Einkaufsliste die US-Firmen DiGa Vision ("Teen Wolf"), High Noon ("Cake Boss") und Thinkfactory Media ("Hatfields & McCoys") sowie die UK-Produzenten So Television ("The Graham Norton Show"), The Garden Productions ("The Audience") und Big Talk ("The Town").

"In den USA haben sich unsere Umsätze im vorigen Jahr verdoppelt und seit 2010 verdreifacht", gab ITV-CEO Adam Crozier bei der Veröffentlichung seiner jüngsten Geschäftszahlen bekannt. Worauf er auch im Heimatmarkt UK Wert legt: Die frisch akquirierten Firmen produzieren in großem Ausmaß für andere Sender als ITV. So sei der Umsatz mit externen Kunden 2013 um 56 Prozent gestiegen. Internationale Finanzanalysten hoben bei ITV prompt den Daumen.

Für die Warner Bros. Television Group geht es bei der Eyeworks-Übernahme vor allem darum, endlich in größerem Maßstab und in vielen Märkten selbst zu produzieren. Spätestens seit der Mehrheitsübernahme der britischen Shed Media Group im Jahr 2010 verfügt Warner über einen reichhaltigen Formatkatalog von "Bachelor" bis "Super Nanny". In etlichen Ländern - nicht zuletzt Deutschland - hat man sich bisher auf den Lizenzverkauf beschränkt. Die eigenen Formate auch selbst umzusetzen, schafft für jeden Konzern eine ganz andere Wertschöpfungstiefe.

Die ProSiebenSat.1-Tochter Red Arrow Entertainment Group hat mit dem kürzlichen Kauf der US-Produktionsfirma Half Yard ("Say Yes to the Dress") ihre Amerika-Präsenz weiter ausgebaut. Kinetic Content ("The Taste"), Fabrik Entertainment ("The Killing") und Left/Right Productions ("Mob Wives") waren schon vorher Teil der expansiven Gruppe geworden. Umgekehrt shoppen die Amerikaner in der alten Welt: NBCUniversal hat in Großbritannien etwa den "Downton Abbey"-Produzenten Carnival Films und einige weitere Firmen übernommen. Core Media ("American Idol") hat im März ein Joint Venture mit den britischen "Geordie Shore"-Machern von Big Minded gegründet.

Schon bald dürfte Core Media ohnehin Teil eines globalen Formatriesen werden. Die US-Investmentfirma Apollo ist nicht nur Hauptgesellschafterin von Core Media, sondern steht auch kurz vor Abschluss der Übernahme von Endemol. Gerade erst hat John de Mol im DWDL.de-Interview gesagt: "Apollo hat uns ein so unglaublich gutes Angebot für unsere Anteile gemacht, dass unser Investment der vergangenen Jahre am Ende unter rein finanziellen Gesichtspunkten sogar noch richtig attraktiv geworden ist. Damit ist für mich das Thema Endemol endgültig abgeschlossen." Dass Core und Endemol in näherer Zukunft fusioniert werden, ist also mehr als wahrscheinlich.

Wenn FremantleMedia dann auch noch All3Media übernähme, wie mehrfach berichtet, aber noch nicht bestätigt, würde die Konsolidierung einen weiteren Riesenschritt machen. Die Produktionsbranche vollzieht damit genau jene wirtschaftliche Logik, die auf den anderen Spielfeldern des TV-Markts seit Jahren Realität ist. Sowohl auf Seiten der Sender als auch der Media-Agenturen, die das Werbegeld verteilen, stehen sich in der Regel wenige große Konzerne gegenüber. Extrembeispiel Deutschland: Ein Vermarkter-Duopol kontrolliert drei Viertel des TV-Werbemarkts, zwei Mega-Agenturen drei Viertel der Werbeausgaben. Im Vergleich dazu sind die Programmlieferanten noch regelrecht zersplittert. Konzentration und Größe werden da immer mehr zum wirtschaftlichen Muss, auch weil sich die Produzenten kaum gegen den wachsenden Kostendruck zur Wehr setzen können.

Noch lukrativer wird es aus Konzernsicht, wenn nicht nur die Inhalte, sondern auch die Distribution ein integriertes Konglomerat bilden. So hat Sony im März angekündigt, künftig eigene TV-Inhalte für sein PlayStation Network herzustellen. Erstes Projekt ist die Mystery-Crime-Serie "Powers", die von Sony Pictures Television produziert wird. Schon seit längerem arbeitet Microsoft mit seinen Xbox Entertainment Studios an eigenproduzierten TV-Serien für die konzerneigene Spielekonsole. Es wäre also nicht verwunderlich, wenn künftig nicht nur Produktionsfirmen andere Produktionsfirmen schlucken, sondern auch Elektronik- und Technologiekonzerne verstärkt auf dem Produzentenmarkt zuschlagen.

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