Am Anfang erschießt ein Schweizer Kommissar einen Flüchtenden, der angeblich auf ihn gezielt hat. Beim Opfer werden aber weder Schmauchspuren noch eine Waffe gefunden. Dann schwemmt der Bodensee eine Leiche an, die auch nicht gerade sanft entschlafen ist. Zusätzlich hält ein böser Sturmhaubenmann eine junge Frau gefangen und will Lösegeld. Dementsprechend viele Fragen stellen sich der Kommissarin Blum und ihrem Assistenten Perlmann. Zu viele Fragen für die Trutsche vom Dienst und ihren als Guckdummindieluft reisenden Partner.

„Winternebel“ heißt dieser „Tatort“, der natürlich im Herbst spielt. Der Wald sieht aus wie ein Bildschirmschoner von Windows, und die Menschen schauen alle drein, als hätten sie ihr iPhone6 gerade zu sehr verbogen. Das ist sehr offensichtlich Absicht in diesem von Jochen Greve geschriebenen und von Patrick Winczewski inszenierten Stück Besinnungsfernsehen, in dem irgendwie alle ein wenig verstört in ihren inneren Nebel blicken.

Lange schleppt sich die Handlung sehr träge dahin. Die Kommissare fahren von hier nach dort und von dort nach hier. Sie suchen ein bisschen rum, finden aber höchstens Kleinteile. Gleichzeitig geht es um die Entführung des Mädchens, von der die Polizei anfangs keinen blassen Schimmer hat. Die Eltern des Mädchens schon, denn sie haben bereits eine Million Lösegeld berappt und sollen nun noch einmal nachzahlen.

Natürlich wohnen diese Eltern in einem sehr modernen Gebäude mit freischwebender Treppe und irrem Weitblick durch riesige Fenster. In einem Gebäude also, bei dem die Architekten vorher gedacht haben, dass sie es so konstruieren, dass es eines Tages mit seinem futuristischem Appeal einen strunzbiederen „Tatort“ aufpeppen könnte. Doch all die Fenster und all der Weitblick nützen den Eltern nichts, denn sie sind gefangen in sich selbst, tragen zentnerschwer an der Last der Vergangenheit, an der Schuld, ihre Tochter erst falsch behandelt zu haben und nun, da sie Entführungsopfer ist, nicht die angemessene Empathie aufbringen zu können. Um das zu demonstrieren guckt die Mutter wie erfroren, und der Vater soll Härte ausdrücken, sieht aber in dieser höchst albernen Versuchsanordnung einfach nur deppert aus.

Es wird viel hin und her geschaltet in diesem höchst drögen Stück Verwaltungsfernsehen. Es wird abgearbeitet, was abgearbeitet werden muss. Drei Fälle sind zu beackern. Drei Fälle, die irgendwie miteinander verwoben sind, und dann ist da ja auch noch das Ermittlungsverfahren gegen den Schweizer Kommissar, der den Flüchtenden erschossen hat.

Es sind eindeutig zu viele Handlungsfäden, die hier gespannt werden wollen, und Regisseur Patrick Winczewski schafft es nicht, sie angemessen straff zu halten. Also steuert er hilfsweise auf ein fulminantes Ende zu, das all die lethargischen Figuren aus ihrer Schläfrigkeit reißt. Dass dabei so manche Erzählung nicht zu Ende geführt wird, könnte Ausweis großer Ambition sein. Auch im Leben wird ja nicht immer alles zu Ende erzählt. Hier aber deutet der Anschein weniger auf Absicht hin, vielmehr wirkt es, als habe man den Film irgendwie zu Ende wurschteln wollen.

So endet nach unerträglichen 90 Minuten der bisher wohl langweiligste „Tatort“ des Jahres. Nein, er endet nicht, er entschläft einfach irgendwie. Die Trutschigkeit der Hauptfigur Klara Blum hat Besitz ergriffen vom ganzen Film. Das muss man erst einmal aushalten.