Sollte man an diesem Sonntag versehentlich besonders gute Laune haben und diese aus irgendeinem Grunde nicht aushalten wollen, dann schaue man sich diesen bayerischen „Polizeiruf 110“ an. Danach dürfte sich die gute Laune unter die Erdoberfläche verkrochen haben, dorthin, wo sie niemand findet.

Als Auslöser des Stimmungswechsels kommen verschiedene Faktoren in Frage. Es könnte die Depression sein, die korrupte Politiker mit Adelstitel erzeugen, es kämen aber auch durchgeknallte Protestler in Betracht, die glauben, ihre Ziele nur noch mit Gewalt erreichen zu können. Es könnte aber auch einfach die Trauer sein über einen von Regisseur Dominik Graf komplett vergeigten Film, einen Krimi, der vorgibt, viel zu sein, dessen Substanz aber rasch in sich zusammenfällt, wenn man mal die wilden Schnittspiele und die nervigen Sprünge zwischen den Ebenen erleidet.

Dabei hat der Autor Günter Schütter eine gar nicht mal so übel anmutende Geschichte vorgelegt. Es geht um den blutigen Mord an einer Journalistin, um einen Saxophon spielenden Lebensversager, um einen sichtlich korrupten Adeligen, der Politiker spielt, um offenbar noch korruptere Wirtschaftslenker, um Gerechtigkeitsaktivisten und einen derangierten Polizisten.

Der Polizist ist natürlich Hans von Meuffels. Er wird von Matthias Brandt gespielt und ist die einzige Konstante in diesem Film. Von Meuffels glaubt dem Jazzer nicht, dass er die Journalistin ermordet hat, er spürt, dass mehr in diesem Fall steckt. Wie er sich diesem Mehr nähert, wie er sich verstrickt in zu viel Nähe zu Zeuginnen, wie er in einen Strudel der Gewalt gerät, das ist gut ausgedacht. Schütter hat von Meuffels jede Menge Sprüche ins Drehbuch geschrieben. „Ficken ist nicht flüchtig“, sagt er einmal und dann redet er von der Toten. Die hatte „eine tolle Figur, Brüste so aufrecht wie bellende Hunde“. Das ist so bemüht aus dem Klischeehandbuch für traurig alternde Bukowskifreunde am Rande der Impotenz abgeschrieben, dass es fast schon wieder gut ist.

Man sieht von Meuffels in seinem lange nicht gereinigten Trenchcoat, man sieht ihn im Englischen Garten, umringt von lauter Nackten, was schwer absurd aussieht. Er ist immer wieder der falsche Mann am falschen Platz, er liefert sich ein Narbenduell mit einer Zeugin, protzt mit seinen Verletzungen. Durchschuss, Hundebiss, alles da und noch mehr. Er steht auf dem Rücken eines Politikers, der damit seine Rückenschmerzen bekämpft, die er kriegt, wenn er nicht mindestens einmal am Tag Sex hat, mit wem auch immer.

Es herrscht akute Bildungshuberei in diesem Film, weshalb alle Problembereiche gestreift werden müssen. Es ist kurz von Kurden und Jesiden die Rede, von Satelliten, von der All- und Ohnmacht der EU, vom Adel, der ganz offenbar zu nichts verpflichtet, denn Menschen, die sich vom Chauffeur die Schuhe einlaufen lassen, brauchen keine Gesetze.

Kann man alles machen, muss man allerdings zu dosieren wissen. Einem wie Dominik Graf hätte man zugetraut, das zu können, doch das, was er hier präsentiert ist einfach nur großer Mist, getretener Quark, um mal das Wort Kunstkacke zu vermeiden.

Die zuständige Redakteurin nennt diesen Film „optisch besonders ausgestattet“. Ja, so kann man das sehen, wenn man zu viel Ehrfurcht hat vor dem Meister. Man könnte aber auch sagen, dass Graf nie ganz genau zu wissen scheint, wohin er seine Szenen schnibbeln will. Dazu kommt ein Ton, der an Deutlichkeit schwer zu wünschen übrig lässt. Um es mal profan zu sagen: Nähme man diese permanente Nuschelei als Standard, müsste man Til Schweiger auf der Stelle als Sprachausbilder an einer Schauspielschule engagieren.

Am Ende steht dann ein furioses Finale, was spannend hätte werden können, wenn denn irgendwer gewusst hätte, wo dieser Showdown hinführen sollte. Es geht alles durcheinander, Leichen hier, Leichen dort, Verzweiflung einerseits, alberne Übertreibungen andererseits. Das alles möchte man am Ende nehmen und in einen Mixer kippen. Einmal durchhäckseln und dann ab in den Müll.