Lena Odenthal ist schlecht drauf. Lena Odenthal kann nicht schlafen. Lena Odenthal fühlt ihren Puls. Lena Odenthal bricht zusammen. Lena Odenthal macht weiter, verzweifelt aber entschlossen. Lena Odenthal fühlt sich schuldig. Sie hat einen Selbstmord nicht verhindern können. Lena Odenthal sieht alt aus. Lena Odenthal geht es schlecht. Sehr schlecht. Ihr Kollege Kopper ist nicht da, er urlaubt in Italien. Deshalb geht es Lena Odenthal noch ein bisschen schlechter. Lena Odenthal ist einsam. Lena Odenthal zweifelt am Sinn ihres Singlelebens. Lena Odenthal ist genervt von der jungen Frau, die Kopper ersetzen soll. Die macht so Dinge mit iPad und Computer. Lena Odenthal fühlt sich deshalb noch ein bisschen älter als sie ist und aussieht. Lena Odenthal geht es schlecht.

Schon genervt von dieser Aufzählung? Prima, denn das ist die beste Vorbereitung, um diesen „Tatort“ zu überstehen, in dem sich Regisseur Patrick Winczewski nicht damit begnügt, Lena Odenthal einmal als an sich selbst Leidende zu zeigen. Er zeigt sie andauernd so. Unterbrochen wird diese Dauerdemonstration von Leid nur durch den zwischendrin auch mal aufpoppenden Mordfall.

Ein Architekt wurde gefunden. Tot. Nackt. Mit einer Champagnerflasche im Hintern. Vorher schon wurde eine junge Frau von der Polizei aufgegabelt. Verwirrt. Herumirrend. Opfer von K.O.-Tropfen. Ganz offensichtlich hatte sie zu tun mit dem Opfer. Aber auch die Frau des Opfers wirkt dubios. Und der Bruder ebenso wie der Kollege aus dem Architekturbüro. Alle könnten es gewesen sein.

Hatte ich schon erwähnt, dass es Lena Odenthal schlecht geht. Nun ja, das könnte auch daran liegen, dass sie gerade ein Jubiläum feiert. Seit 25 Jahren steht sie in „Tatort“-Diensten, seit 25 Jahren muss sie immer wieder zusammenfassende Texte absondern, dauernd die Handlung für jene ganz dummen Zuschauer rekapitulieren, die ganz offensichtlich über das Erinnerungsvermögen einer Stubenfliege verfügen, die einen Liter Milch umkippen, sich einmal umdrehen und dann fragen, wer denn für die weiße Pfütze verantwortlich zeichnet.

Eva und Volker A. Zahn haben das Buch für diesen Film geschrieben, der ein veritables Verwirrspiel ist. Die Handlungsstränge sind fein verflochten, es wird auf verschiedenen Ebenen agiert. Herausgekommen ist ein „Tatort“, der zumindest besser ist als all das, was man in der jüngsten Zeit aus Ludwigshafen geliefert bekam. Leider leidet der Film ebenso an Lena Odenthal wie diese an sich selbst.

Es ist einfach zu viel der Zurschaustellung dieser TV-Kommissarin. Streckenweise wirkt es, als wolle man die Erschöpfung all ihrer bislang gelösten Fälle in dieser einen Folge zusammenfassen. Den einzigen Lichtblick liefert die junge Frau, die als Kopper-Ersatz quasi in die Lena-Odenthal-Klinik eingeliefert wird. Lisa Bitter spielt diese junge Ermittlerin sehr erfrischend. Auf einmal ahnt man nicht nur, was dieser Reihe so lange gefehlt hat. Aber dann kommt Kopper verfrüht aus dem Urlaub zurück, und schon schwindet die Hoffnung. Oder geht da noch was?

Irgendwie überlebt Lena Odenthal diesen Fall, der zwischendrin mehrfach logische Brüche der ganz komischen Art aufweist. So gibt etwa Lena Odenthal bei einer Vernehmung fürs Protokoll an, wen sie da nun zu vernehmen gedenkt, schaltet aber erst danach ihren Smartphonerecorder ein. Oder soll das zeigen, dass es ihr nicht nur sehr schlecht geht, dass sie auch noch zu blöd ist, ihr Handwerkszeug zu bedienen?

Fast bekommt man Mitleid mit Lena Odenthal, der es, sagte ich das schon, sehr schlecht geht. Sie leidet. Sie hat einen hohen Puls, und sie schläft kaum. Lena Odenthal ist einsam. Lena Odenthal zweifelt am Sinn ihres Singlelebens…