Claudia Michelsen sitzt auf einem viel zu dicken Motorrad. Mit einem viel zu dicken Helm. Dann stolpert sie durch irgendein Gebäude und vergräbt dabei ein bisschen zu oft die Hände in den Taschen ihrer knappen Lederjacke. Man sieht gleich, dass die von Michelsen gespielte Kommissarin Brasch hier als einsame Wölfin inszeniert werden soll, als eine, die vom Rudel ausgestoßen wurde, die vom Schicksal mehr Schläge abbekommen hat als sie vertragen kann, als eine, die irgendwie von allem die Schnauze voll hat. Und dann sagt sie Sachen, die man eine gefühlte Stunde vorher schon von ihrem Gesicht ablesen kann.

Es ist ein Grauen, diesen Magdeburger „Polizeiruf 110“ anschauen zu müssen. Er wirkt wie aus zerfledderten Teilen zusammengesetzt. Dabei schien keiner mehr Ahnung gehabt zu haben, welches Teil wohin gehört. Drei Menschen haben am Buch geschrieben, und es scheint, als habe jeder dieser Menschen in eine andere Richtung gewollt. Am Schluss stand dann als Drehbuch ein gerupftes Patchworkmuster, das von Regisseur Stephan Rick wirr verfilmt wurde, das nun aber niemanden mehr wärmt.

Eine Bombe ist hochgegangen in einem Supermarkt. Ein Erpresser sagt, dass auch in den anderen Filialen gleich Bomben hochgehen. Alle Polizeikräfte sind unterwegs, um die Geschäfte zu sichern. Da bleibt keine Chance, auf den Notruf eines Wachmannes aus dem Containerhafen zu reagieren. Am nächsten Morgen wird er tot aus der Elbe gezogen. Die Überwachungskameras wurden vorher abgeschaltet. Die Spur führt ins Rechenzentrum der Uni.

Sylvester Groth spielt den zweiten Kommissar in diesem dritten Film aus der Magdeburger „Polizeiruf 110“-Reihe. Er ist Kommissar Drexler und sehr ausdrücklich nicht mit der Kollegin Brasch befreundet. Im Gegenteil. Die beiden versuchen, jeden Kontakt zu meiden, müssen dann aber doch zusammenrücken. Damit man merkt, dass Drexler keine Nähe will, wird er durchweg sehr zugeknöpft, beinahe steif inszeniert. So steif, dass man fast zu spüren glaubt, wie Groth hier an der Ausübung seines Könnens gehindert wurde. Er muss vor allem starr gucken und dann genau wie Michelsen Sachen sagen, die man lange vorher ahnt.

Diesem „Polizeiruf 110“ mangelt es an Timing, es mangelt ihm aber vor allem an Spannung. Verdächtige werden herbeikonstruiert, nichts ergibt sich aus dem Vorhergehenden, jede Szene wirkt wie hingeworfen und dann liegengelassen. Dazu kommt dann die in deutschen Krimis inzwischen überstrapazierte Vorstellung von einem Computermenschen, der aus dem Dunkel seiner Kammer heraus alles sehen und alles kontrollieren kann. Zwei, drei Klicks, wildes Gehämmere auf der Tastatur, und schon ist die Einmann-NSA aktiv und weiß alles.

So entsteht ein schwer erträgliches Kuddelmuddel, das ganz besonders schmerzt, weil man eine Woche vorher so einen grandiosen „Polizeiruf 110“ aus Rostock erleben durfte. Natürlich erzeugt solch eine Glanzleistung eine ordentliche Fallhöhe, und die nutzt dieses Magdeburger Machwerk ordentlich aus. Er stürzt und stürzt, und es gibt kein Halten. Irgendwann schwindet da auch das letzte bisschen Mitleid. Fall doch, denkt man sich dann. Fall doch richtig auf die Schnauze. Du hast es nicht anders verdient.