Ein Mann wird tot aufgefunden. Erschossen. In seinem Wagen. Im Wald. Sehr offensichtlich hatte er Sex als es passierte, doch vom Täter findet sich keine Spur. Auch seine Gespielin ist nicht aufzufinden. In diese Situation werden Kommissar Felix Voss und seine Kollegin Paula Ringelhahn geschubst. Sie sind die neuen Kollegen, doch sie fremdeln weniger als man das von TV-üblichen Paarungen beim ersten Aufeinandertreffen sonst so gewohnt ist. Sie begegnen einander vielmehr mit großer Empathie.

Fabian Hinrichs und Dagmar Manzel spielen diese beiden Neuen im „Tatort“-Kosmos, und sie sind beide glänzend, wobei Manzel noch eine Spur mehr hervorsticht. Sie begeistert durch ihre zurückhaltende Art. Ihre Paula Ringelhahn ist eine Sanfte, und wenn sie doch mal poltert, dann sagt sie hinterher fast mädchenhaft: „Jetzt hätte ich mich beinahe aufgeregt.“

Der Polizeichef hätte aber gerne Ruhe im Ort. „Was wir nicht schätzen, ist Aufregung“, sagt er. Die Aufregung kriegt er aber frei Haus, denn die neuen Kollegen, die aus dem Osten und aus dem Norden der Republik ins beschauliche Franken importiert wurden, haben so ihre eigene Rangehensweise.

Während Manzel ihrer Figur dieses Ruhige mitgibt, stattet Fabian Hinrichs seinen Voss mit einer fast schon aufdringlichen Umständlichkeit aus. Das hat Hinrichs schon damals ausgezeichnet, als er kurz mal Assistent der Münchner Kommissare war, aber schon am Ende der Folge aus dem Serienleben scheiden musste. Nun ist sein nordischer Kommissar Voss so umständlich wie man denkt, dass die Franken sind.

Wohltuend ist, dass man die Kommissare, die ja quasi Gastarbeiter sind, sehr gut versteht. Nur die Randfiguren im Kommissariat sind Einheimische und dürfen gemäßigten Slang absondern. Der Kabarettist Matthias Egersdörfer ist hier ein schönes Beispiel. Er gibt den Pathologen, und als er zum Tatort im Forst gerufen wird und das Blut sieht, sagt er „Ja, ja, das Waldsterben.“

Dass dieser „Tatort“ eine sehr besondere Ruhe und Klarheit ausstrahlt, ist wohl vor allem dem Regisseur Max Färberböck zu verdanken. Gemeinsam mit Catharina Schuchmann hat er auch das Buch geschrieben, eine Geschichte mit vielen Wendungen, mit einigen unerwarteten Drehs und mit viel Zeit.

Was wir nicht schätzen, ist Aufregung. Das hat der Polizeichef gesagt, und das könnte auch das Grundmuster dieses Films beschreiben. Aus dieser Aufregungsvermeidung entsteht aber bekanntlich die größte Aufregung. Das hat auch damit zu tun, dass sich Färberböck viel spannungsförderndes Dunkel erlaubt. Oft ist der Bildschirm gefährlich dunkel. Viel Schatten. Wenig Licht.

So entsteht eine Spannung, die den Zuschauer einsaugt, die ihn miterleben lässt, was da passiert in Nürnberg, wo die Menschen eher wortkarg reagieren, wenn man sie fragt, was sie wissen.

Bemängeln könnte man, so man es denn unbedingt will, das Casting einer Nebenrolle. Jenny Schily schon wieder als verzweifelte, zitternde Ehefrau zu zeigen, zeugt nicht von großem Einfallsreichtum. Das war sie erst kürzlich im Bodensee-„Tatort“. Vielleicht sollte sie bei Gelegenheit eine Rolle kriegen, in der sie auch mal unbeschwert lachen kann.

Aber das sind nur kinkerlitzige Mäkeleien am Rande. Im Kern ist dieser „Tatort“ ein wunderbarer. Ein neuer Ort, ein neues Team, eine große Geschichte. Das klingt wie ein Versprechen. Mehr davon.