Bei diesem Film muss man zuallererst den wichtigsten Mann erwähnen: Peter Krause. Krause ist Kameramann und gibt diesem Film alles, was ihm Qualität verleiht. Es sind atemberaubende Bilder, die da zu sehen sind, schnell in der Verfolgung, präzise im Nahbereich, stimmungsvoll in der Totale, große Kompositionen. So muss man das machen, wenn man für Aufmerksamkeit sorgen will. Leider kann der Rest des Films mit dieser großen Leistung nicht mithalten.

Ein Rollstuhlfahrer ist ermordet worden. In der Bremer Zentrale von Umweltaktivisten. Der aktivste der Umweltschützer ist zudem auf dem Meer unterwegs. Weit draußen entert er ein Windrad, sammelt in 90 Meter Höhe tote Vögel ein, die von den Rotoren erschlagen wurden. Und bevor er von der Bildfläche verschwindet, filmt er sich noch bei einem sehr pathetischen Vortrag und sorgt dafür, dass der Film im Netz landet. Dort soll er Stimmung machen gegen den Windparkbetreiber. Der hangelt am Rande der Insolvenz entlang und muss sich gegen die mehr oder weniger feindliche Übernahme durch einen Hedgefonds wehren. Gleichzeitig wandert eine sehr schöne Umweltaktivistin durchs Bild, die, vornehm gesagt, sehr eigene Wege beim Schutz, der ihr angeblich am Herzen liegenden Schweinswale geht.

Wilfried Huismann hat mit seinem Team das Buch geschrieben, und Florian Baxmeyer hat inszeniert. Die beiden haben sich sehr offensichtlich sehr viel vorgenommen. Man kann förmlich sehen, wie sie zusammensaßen und planten, sehr viele Komplexe in diesem Film zu behandeln. Die Hybris der gutmeinenden Windkraftunternehmer, die Verderbtheit der Hedgefonds-Haie, die Hysterie der notfalls auch zur Gewalt bereiten Öko-Freaks, die persönlichen Interessen von schönen Frauen, die mit fast allen mal was hatten. Weil das nicht reicht, muss auch noch eine südamerikanische Vergiftung-durch-von-bösen-Konzernen-ausgebrachte-Pflanzenschutzmittel-Story dazu.

Das ganze würzt man dann mit Sprüchen, wie sie plakativer auf keinem Spruchband stehen könnten. Leider müssen diese Sprüche dann von Schauspielern glaubhaft aufgesagt werden, und genau daran hakt es in diesem Film. Vieles wirkt wie geklaut aus einem Grundkurs Umweltkunde mit Greenpeace-Veteranen, der verwoben wurde mit einem Beziehungsdrama, in dem jeder seine Interessen verfolgt. Also hat jeder ein Motiv für einen Mord.

Für Kommissarin Lürsen und ihren Assistenten Stedefreund präsentiert sich die Lage als unentwirrbar scheinendes Geflecht. Nur mühsam können sie einzelne Stränge freilegen und identifizierbar präsentieren. Die meiste Zeit jedoch tapsen sie ebenso ahnungslos durch die Landschaft wie der Zuschauer auch.

Da bleibt viel Zeit für die Bilder von Peter Krause, die einen völlig eigenen Kosmos eröffnen. Es macht Spaß, diesen Bildern zu folgen, sich einfangen zu lassen von der Wucht des Optischen. Weil aber der Inhalt damit kaum Schritt halten kann, ist der Film angewiesen auf schauspielerische Leistungen. Die bekommt er von manchen Mimen, von anderen aber bekommt er gar nichts.

Thomas Heinze als Windkraftunternehmer, der mal Umweltaktivist war, ist eine Show für sich. Er füllt seine Rolle mit genau der Überheblichkeit, mit der solche Typen ihre Anleger bezirzen. Auch die schöne undurchschaubare Umweltaktivistin wird von Annika Blendl fein gezeichnet.

Den schönsten Job hat indes Rafael Stachowiak als komplett durchgeknallter Hedgefonds-Heini. Diese Figur ist nicht nahe am Wahnsinn gebaut, sie ist der Wahnsinn, und Stachowiak gibt dem Affen in jeder Szene Zucker. Ein Komplettausfall ist hingegen Lucas Prisor als gewaltbereiter Ökoschrat. Dem mag man in seiner gekünstelten Art so rein gar nichts abnehmen. Er tapert durch den Film wie ein Alien. Da wäre Regisseur Baxmeyer gefordert gewesen, aber er lässt den Schauspieler allein mit sich und viel zu großen Sätzen.

Den größten Ärger erregt indes die Stigmatisierung aller Menschen, die sich in irgendeiner Weise um die Umwelt sorgen. Die sind hier wahlweise aggressiv, größenwahnsinnig, hinterlistig oder komplett durchgeknallt. Keiner der Umweltbewegten in diesem Film ist halbwegs normal. Die Industrie, die sich von solchen Typen ungern stören lässt, wird sich freuen über diese öffentlich-rechtliche Hilfe bei der Diskreditierung ihrer Gegner.

Wenigstens machen Sabine Postel und Oliver Mommsen als Lürsen und Stedefreund ihren Polizeijob ordentlich. Sie sind präsent, ziehen zwischendrin die Handlung auf sich, aber dann können sie den Handlungsstrang auch wieder aus der Hand geben.

Retten können sie diesen „Tatort“ mit dem komischen Titel „Wer Wind erntet, sät Sturm“ indes nicht. Er bleibt eine krude Mischung aus großem Wollen bei allen und zu kleinem Können bei manchen. Nur die Bilder von Peter Krause, die sind groß. Sehr groß.