Ambition. Ambition. Ambition. Ja, wir wollen schwer aktuell sein, politisch gar und brisant sowieso. Dem ordnen wir alles unter. Hauptsache, wir können unsere Ambition heraushängen lassen. So stelle ich mir die Einstellung von Regisseur und Autor Niki Stein vor. Der alte „Tatort“-Haudegen hat sich Stuttgart 21 vorgenommen und integriert den Bahnhofsbau in einen Krimi. Nein, falsch: Er integriert den Krimi in die politische Lage. Da geht es um Korruption rund um den Stuttgarter Bahnhofsneubau, um durchgeknallte Wutbürger und korrupte Politiker und Bauprojektierer.

Gleich zu Beginn wird deshalb ein ehemaliger Staatssekretär im Bauministerium vor einen Untersuchungsausschuss zitiert und dort gegrillt. Anschließend bekommt er einen Farbbeutel an die Backe, und kurz danach wird er auf einem Parkplatz erschossen, wo im gleichen Moment auch der ehemalige Ministerpräsident eintrifft, dessen Personenschützer dem fliehenden Mörder noch rasch ein Projektil zwischen die Rippen gibt.

Aber was heißt schon zu Beginn in diesem Fall, der so munter zwischen den Zeiten springt, dass einem rasch schwindelig werden kann. Rückblende hier, Rückblende da, alles nicht immer gleich chronologisch einzuordnen. Was geschah wann? Vor der Frage stehen nicht nur Richy Müller und Felix Klare als Ermittler Lannert und Bootz, vor der Frage steht auch der Zuschauer, der schlucken muss, dass es um einen ominösen Inder geht, der nie ins Bild kommt, weil er verschwunden ist, obwohl er doch einst zusagte, Millionen in das Bauprojekt Gleisdreieck zu investieren. Als sich herausstellte, dass „Der Inder“, nach dem diese Folge benannt wurde, nicht der reiche Mann war als der er dargestellt wurde, gab es ordentlichen Tumult, der jetzt natürlich wieder hochkocht.

Es ist eine ziemlich wirre Mischung, die Stein da in seinem Bemühen um Bedeutung serviert. Es ist vor allem von allem zu viel. Zu viel hin und her, zu viel Ambition, zu viel Verwirrung.

Da flieht der angeschossene Attentäter erst in ein Motel. Dort findet ihn eine ominöse Frau und schleppt ihn nach Tschechien, während die Kommissare vom Innenminister höchstpersönlich einen Maulkorb verpasst bekommen. Die Botschaft kommt mit dem Holzhammer. Natürlich sind alle Politiker auf ihre Weise korrupt. Die von der alten Regierung sowieso und die von der neuen erst recht. Willkommen in Baden-Württemberg.

Dazu gibt es dann noch die handelsübliche Verquickung der Ermittler mit den Zeugen. Diesmal erkennt Kommissar Bootz, dass er früher mal mit der Vorsitzenden des Untersuchungsausschuss zur Schule ging und sie auch jetzt noch ganz nett findet und sie ihn auch.

Das einzig positive an dieser Wendung ist die Erkenntnis, dass sie der einzige private Einschub bleibt. Wenn man sich erinnert, wie sehr es in den vergangenen Stuttgarter Folgen nervte, wenn Bootz weder mit dem Alkohol noch mit seiner Familie klarkam, ist dieser kleine Schlenker fast schon wieder verzeihlich.

Es gibt ein paar sehr schöne Bilder, ein bisschen aufgeregte Handkamera, aber damit sind die wenigen Vorzüge dieses Films auch schon aufgezählt. Selbst das Ende wirkt wie hingeschludert, unklar, verhuscht, wie nebenbei erzählt. So, als sei Klarheit nicht das Ziel, sondern die Erkenntnis, dass nichts besser wird, wenn der Täter gefasst ist. Es bleibt alles ein korruptes Geschäft.

Dem Zuschauer bleiben da nur das große Stöhnen und die Kapitulation. Ja, ich habe kapiert, was du uns sagen willst, brüllt er dann den Flachbildschirm an. Aber einen Nachsatz an die Macher sollte man sich deshalb trotzdem nicht verkneifen. Man darf nicht nur wollen, man muss auch können.