„Diese inoffiziellen Ermittlungen sind nichts für mich. Cojones hin, Cojones her.“ Hauptkommissarin Anna Janneke ist geschafft von Einsätzen, die auch schon mal über die Grenze der Legalität führen. Man müsse halt Eier haben, sagt ihr Kollege Paul Brix und nennt dazu die spanische Übersetzung: Cojones.

Die dicken Eier von Paul Brix ziehen sich durch diesen zweiten Fall des neuen Frankfurter „Tatort“-Teams, der ein bisschen wirr durch die kriminellen Rabatten pflügt. Korrupte Polizisten hier, Russenmafia dort, und mittendrin Paul Brix, der sich erst vor kurzem von der Sitte zur Mordkommission hat versetzen lassen, von dem niemand so recht weiß, welch dunkles Geheimnis er noch birgt. Auf jeden Fall hat er Eier, dicke Eier, Cojones halt.

Es ist ein ansehnliches Team, das da nun in Frankfurt ermittelt. Er der mürrische Grenzgänger, sie die Sozialtriene mit dem Miss-Marple-Komplex. Wolfram Koch und Margarita Broich fühlen sich sichtlich wohl in ihren Rollen. Insbesondere Broich gibt ihrer Anna Janneke ordentlich Zucker. In betonter Unbeholfenheit stapft sie durch die Szenerie, wirkt häufig wie der Trampel vom Dienst, erweist sich aber als bauernschlau.

Auch Kochs Darstellung des Paul Brix lässt kaum Wünsche offen. Er hält sich wacker auf dem Grat zwischen Verschwiegenheit und purem Draufgängertum. Ein klein wenig lüftet sich in dieser Folge indes das Geheimnis seiner Vergangenheit.

Das hat mit einem Kollegen von der Sitte zu tun, der Paul Brix um Hilfe bittet. Die Russenmafia ist ihm auf der Spur, weil er wohl an einem zu großen Rad gedreht hat. Kurz darauf wird dieser Kollege erschossen. Von einem anderen Kollegen von der Sitte.

Der Autor Erol Yesilkaya und der Regisseur Sebastian Marka haben tief in einen dicken Haufen Scheiße gegriffen und wühlen diesen genussvoll durch. Niemand innerhalb der Polizei ist da ohne Fehl und Tadel. Und die draußen sowieso nicht. Wäre die Frankfurter Polizei auch nur ansatzweise so korrupt wie es in diesem Film scheint, man müsste allen Frankfurtern zum Wohnungswechsel raten.

Leider vergessen Autor und Regisseur bei ihrem lustvollen Wühlen ein bisschen den Zuschauer. Der hat nämlich mehrfach Schwierigkeiten, den verwickelten Strängen zu folgen. Wer hat da noch mal wie mit der Russenmafia? Was hat Paul Brix damit zu tun? Und wo kriegt man diese Cojones?

„Hinter dem Spiegel“ heißt diese Episode, und um dies zu illustrieren, haben sich die Macher einen hübschen Vorspann nach der „Tatort“-Fanfare ausgedacht. Da ist die linke Bildschirmhälfte die Spiegelung der rechten, weshalb die Realitäten munter ineinander fließen oder auseinander driften, was beinahe schon psychedelisch zu nennende Effekte produziert. Das kann man ein wenig gewollt finden, aber es ist eben mal etwas anderes als die übliche Leiche mit Loch im Kopf.

Die gibt es auch noch, nur eben später. Dazu kommen Erhängte, Gestürzte und Verzweifelte. Das ganze Programm. Erzählt wird die Geschichte in beinahe monochromen Bildern. Nur hier und da ist ein Hauch von Farbe auszumachen. Möglicherweise soll ja diese fast schon penetrante Farbentsättigung die Tristesse einer Geschichte belegen, in der ganz viele ganz dicke Eier haben, aber nicht alle gewinnen.

All diese Einschränkungen trüben indes nicht das Licht, das die Ermittler Janneke und Brix auf die deutsche Krimilandschaft werfen. Es ist ein durchaus heller Schein, der sich durchaus zum Glanz verdichten könnte, wenn beim nächsten Mal die Grundgeschichte nicht arg so wirr ausfiele.