Hefte raus. Klassenarbeit. Wir merken uns jetzt mal flott folgende Namen: Brasch, Bukow, König, Drexler, Pöschel Thiesler, Röder, Lemp, Mautz, Frey, Wagner sowieso Herbert Richter, Jenny Richter und Moritz Richter.

Alles gemerkt? Prima. Jetzt werfen wir diese Namen in wechselnden Kombinationen durcheinander und erzeugen somit größtmögliche Verwirrung. Die stellt sich umgehend ein, weil zwar manche Namen irgendwie vertraut klingen, die meisten aber völlig neu erscheinen und auch nicht mit hervorstechenden Eigenschaften unterlegt sind. Ein großes Wimmelbild das alles.

Es klang alles so toll, was NDR und MDR da in einer Gemeinschaftsaktion geschultert haben. Einfach mal zwei Polizeiruf-110-Teams zusammenwerfen und dann einen Zweistädtekrimi in zwei Teilen drehen. Die Rechnung schien einfach: Eins der besten deutschen Krimiteams, also das aus Rostock, mit einem nicht durchgehend schlechten Team (Magdeburg) verkuppeln und dann einen großen Fall erzählen, in dem natürlich die kriminellen Machenschaften der Treuhandzeit erneut zu Tage treten, in dem unterschiedliche Charaktere unterschiedliche Tempi bestimmen, in dem über Generationen hinweg erzählt wird, in dem die Grenzen verschwimmen zwischen Verbrechen und Polizeiarbeit, in dem deutlich wird, wie schwer es ist, Altlasten spurlos im Jetzt zu entsorgen. Nicht ohne Grund heißt das Projekt „Wendemanöver“.

Es hätte ein tolles Projekt werden können. Hätte. Leider ist es Regisseur Eoin Moore, der gemeinsam mit Thomas Kirchner und Anika Wangard auch das Buch verfasst hat, nicht gelungen, die Handlungsstränge so sauber zu spannen, dass man ihnen als Zuschauer folgen mag.

Da wird in Magdeburg beim Brand einer Firma eine tote Frau gefunden. Die hat kurz zuvor noch telefoniert mit einem Wirtschaftsprüfer der Firma, der nun auch tot ist. Er liegt erschossen in einem Rostocker Hotel, und die Ermittler fragen sich natürlich, was die eine mit dem anderen zu tun hat und umgekehrt.

Das hätte man klar skizzieren können, aber an früher Klarheit ist Regisseuren offenbar nicht gelegen, wenn sie wissen, dass sie zwei 90-Minüter zu füllen haben, quasi eine Miniminimini-Serie, in der sie endlich mal hemmungslos horizontal erzählen können.

Das wäre sicherlich auch problemlos und für den Zuschauer nachvollziehbar möglich gewesen, hätte Regisseur Moore sich nicht entschieden, seine eigentlich Leuchtturm-tauglichen Teams auch noch zu splitten. So zerreißt er die vertraute Rostocker Ermittlergemeinschaft aus Sascha Bukow (Charly Hübner) und Katrin König (Anneke Kim Sarnau) kurzerhand, indem er Bukow als suspendierten Renegaten außerhalb des Polizeiapparates handeln lässt. Gleichzeitig sprengt er auch das ohnehin kaum bekannte Magdeburger Ermittlerteam, indem er die Kommissarin Brasch (Claudia Michelsen) und ihren Kollegen Drexler (Sylvester Groth) auf unterschiedlichen Wegen forschen lässt. Brasch entdeckt dabei ihre Muttergefühle, und Drexler wird mit seiner bislang eher verborgen gelebten sexuellen Orientierung konfrontiert.

Das alles passiert im Gewand eines klassischen Whodunit. Es werden Fakten über Menschen zusammengetragen. Wer hat was wann getan und warum? Das Problem ist, dass einen die Antworten kaum interessieren, wenn die Figuren ungenügend eingeführt werden. Es ist dann wurscht, wer wen betrogen hat, wer von wem enttäuscht ist und wer den meisten Dreck am Stecken hat.

Richtige Probleme kriegt am Schluss der ersten Folge der suspendierte Bukow, der vorher mal wieder dick in die kriminellen Machenschaften seines Vaters eintaucht ist. Das soll dann offenbar so etwas wie ein Cliffhanger sein, ist aber in der Ausführung so plump und so wenig spannend, dass dagegen jedes Ende der „Lindenstraße“ wirkt wie ein prächtiger Horrorthriller.

„Fortsetzung folgt“ steht am Schluss auf dem Bildschirm, aber da ist man eigentlich nur noch froh, dass es überstanden ist, dass man das Verwirrspiel mit Namen und Städten, deren Bezeichnungen immer wieder eingeblendet werden müssen, überstanden hat. Ein bisschen wirkt das ganze wie bei einem schlechten Parodisten, der während seines Vortrages immer sagen muss, wen er parodiert, weil man es sonst nicht erkennen würde.

Trotzdem soll hier nicht gespoilert werden. In der nächsten Woche geht es weiter, und was dann in Minute 143 passiert, ist unglaublich. Das stimmt natürlich nicht, aber dieser in den Sand gesetzte Versuch, so etwas wie Lust auf die Fortsetzung zu erzeugen, taugt ganz gut, um zu zeigen, wie egal das alles ist.

Für alle, die den Film trotzdem mögen und sich den 4. Oktober wegen des Anschlusstermins notieren mögen, ist auch hier einfach so Schluss: Fortsetzung folgt am kommenden Samstag.