Der Weihnachtsmann ist nicht nett. Als er fertig ist mit Nichtnettsein, liegt eine junge Frau tot im Schilf. Ihr Baby findet der Weihnachtsmann nicht. Es friert, gut versteckt hinter einem Baum. Es wird die ganz dunkle Nacht frieren. Da schnappt sich der Weihnachtsmann das Handy der Toten und schickt eine SMS an die Polizei. „Ich bin tot“ steht drin. Es beginnt die Suche nach dem Baby und nach dem Mörder.

Es ist einer der letzten Fälle von Klara Blum. Die von Eva Mattes meist höchst lethargisch angelegte Trutsche vom Bodensee tritt diesmal mit voller Power an. Den Grund für ihr Aufbrausen liefert ihr Assistent Perlmann. Der hat am Morgen danach erst einmal fein den Tatort abgesichert. Damit keine Spuren verloren gehen. Auf die Idee, rund um den Tatort nach dem Baby suchen zu lassen, ist er nicht gekommen. Wenig später wird der Säugling doch noch gefunden. Halb erfroren. Seine Überlebenschancen stehen schlecht, und Perlmann hat mit Schuldgefühlen zu kämpfen

Autor Wolfgang Stauch und Regisseur Ed Herzog haben diesen „Côte d'Azur“ betitelten „Tatort“ als epische Sozialstudie angelegt. „Côte d'Azur“ nennt sich eine Bretterbude, in der Obdachlose hausen. Dort betrinken sie sich, wenn sie nicht gerade in Weihnachtsmannkostümen auf dem Weihnachtsmarkt betteln. Alle tragen schwer an der Last ihrer Vergangenheit. Auch die tote Mutter hat hier verkehrt. In vielfacher Hinsicht.

Autor und Regisseur ist zugute zu halten, dass sie ihre beiden Ermittler endlich mal aus ihrer Bodensee-Bräsigkeit herausgeholt haben. Endlich darf Kommissarin Blum mal Emotion zeigen, darf ein bisschen poltern. Leider ist im Gegenzug das Milieu in der Côte d'Azur-Bude ein bisschen arg berechenbar geraten, und schnell wird man den Eindruck nicht los, dass es hier nur in zweiter Linie um den Mordfall geht. In erster Linie soll erzählt werden, was die Menschen hierher geführt hat, was sie immer noch antreibt, was sie nicht mehr von hier weglässt, obwohl sie beinahe umzingelt sind von Hilfsangeboten. Die schlagen sie alle aus, weil sie hier am ehesten ein bisschen Mitmenschlichkeit spüren.

Und dann kommt dann noch ein Musikproduzent ins Spiel, der als schlechte Dieter-Bohlen-Kopie von lauter Blondchen umschwärmt in einer riesigen Villa residiert und auf bestimmte Art auch zu tun hat mit dem Fall. Dieser Produzent, den sie die Hitmaschine von Konstanz nennen, ist eine genauso gescheiterte Existenz wie die Gestalten im Côte d'Azur. Nur eben zwischen geweißten Wänden. Zur Strafe bekommt der Musikmann ein paar Slapstickszenen aufgedrückt, die ihn reichlich lächerlich wirken lassen. Man wollte wohl zeigen, dass Glück keine Frage der Unterkunft ist, dass Glück tiefer liegt.

Es ist kein gänzlich schlechter „Tatort“, schon gar nicht für Bodensee-Verhältnisse. Aber so recht mitreißen mag die Geschichte, die zu Beginn fast thrillerartig startet, dann auch wieder nicht. Dafür verästelt sich die Story zu früh, so dass der Überblick gelegentlich abhandenkommt und damit auch das Interesse an der Frage, wer es denn nun war.

Das kann man anschauen, muss man aber nicht.