Es wird kompliziert. Versprochen. Das Komplizierte ist Konzept in diesem Film, den man mögen kann, wenn man auf ruhige epische Geschichten mit hohem Verwicklungsdrang steht, den man indes aber auch schwer öde nennen darf, weil er das Konstruieren wie eine cineastische Form der Selbstbefriedigung betreibt.
Zu Beginn sieht man ein Paar. Durch die Fenster einer Wohnung kann man schauen, wie die beiden ihre Idylle leben. Weil der Blick aber durchs Fenster geht, weiß man gleich, dass da jemand zuschaut, und in der Regel sind jene, die in „Tatort“-Episoden zuschauen, nicht die Guten. Kurz danach liegt das Paar im eigenen Blut, sie tot, er komatös verletzt. Durch das Blut stapft ein Kind und verschwindet. Die Kommissare Batic und Leitmayr sind zufällig in der Gegend und suchen nun sehr hektisch nach dem Kind. Das wird kurz danach vor einem Krankenhaus entdeckt, aber es sagt nichts. Es klammert sich nur an seinen Stoffelefanten und schweigt.

Elefanten und Zebras sind visuell bestimmende Elemente in diesem Film. Immer wieder mal sieht man sie im Halbdunkel, und wenn man sie sieht, sind insbesondere die Zebras relativ panisch drauf. Sie fliehen. Vor was, weiß man nicht. Aber es keimt rasch das Gefühl, dass es irgendetwas zu tun haben könnte mit diesem Fall. Es gibt einen Grund zur Flucht.

Der Fall wird schnell kompliziert, denn der anfangs von einer Kugel niedergestreckte Mann hat vor Jahren mal selbst seine Familie ausgelöscht, hat seine Frau und seinen Sohn erschossen und dann Selbstmord versucht. Die kleine Tochter hat er laufenlassen, und nun ist sie unauffindbar.

Claus C. Fischer hat diese Geschichte geschrieben, und Regisseur Markus Imboden hat sich ihr mehr oder weniger willenlos hingegeben. Es geht um die Frage, was damals geschah und welche Auswirkungen das auf das Jetzt hat. Die Botschaft ist klar: Du kannst deiner Vergangenheit nicht entfliehen. Sie holt dich ein. Immer.

Weil aber trotzdem alle entfliehen wollen, kann man sie jagen. Weglaufen hilft dann nicht, weil das Leben ja weitergeht. Genau wie dieser Film. Als Zuschauer kann man dann abschalten oder die Hände in den Schoß legen und den Kommissaren beim Puzzeln zusehen. Bemerkenswert scheint dabei, dass Batic und Leitmayr immer mehr in ein Team eingebettet werden. Immer häufiger greifen sie auf die Dienste der psychologisch geschulten Kollegin und des alerten Assistenten zurück. Die liefern das Futter zu, das die beiden Leitwölfe dann in Aktion umsetzen. Oder zumindest in etwas, das ein bisschen nach Aktion aussieht.

Bemerkenswert sind dabei die Bildgebung und die Lichtsetzung. Immer wieder mal sieht man die Ermittler beim Verhören. Dann haben sie oft das meiste Licht hinter sich und ihre silbergrauen Haare wirken dann beinahe wie kleine Heiligenscheine. Bei Ivo Batic schaut das manchmal aus, als brenne auf seinem Kopf gerade ein Meer von Wunderkerzen.

Irgendwann führen dann diverse Handlungsstränge zueinander, kommt noch ein bisschen Hektik auf. Das aber scheint weniger der Geschichte geschuldet als vielmehr der „Tatort“-üblichen Dramaturgie, die davon lebt, dass der Spannungsbogen kurz vor Schluss noch einmal angezogen wird, dass es noch einmal um eine konkrete und aktuelle Bedrohung gehen muss und nicht nur ums Große und Ganze.

Das kann man sich anschauen, wenn man sich an einem Sonntagabend auch ohne Günther Jauch sedieren möchte. Man kann es aber auch lassen. Wer dranbleibt, wird indes belohnt, denn statt Jauch wiederholt das Erste direkt im Anschluss „Die fette Hoppe“, das sehr charmante und wunderbar leichte Weimarer „Tatort“-Debüt von Nora Tschirner und Christian Ulmen.