Foto: Uwe VölknerDie Medienwächter machen Ernst und wollen Rundfunkangebote im Internet einer Lizenzierung unterstellen. Dabei ist noch nicht wirklich klar, wie das aussehen könnte. Der Hintergrund für ein neues Strukturpapiers, das die Gemeinsame Stelle Programm, Werbung und Medienkompetenz der Arbeitsgemeinschaft der Landesmedienanstalten (ALM) hierzu entwickelte, ist der Vormarsch der Verbreitung klassischer Rundfunkinhalte auch über das Internet. Durch die Verbreitung über das Netz ändere sich nichts an den Inhalten, so der Tenor.

In einem Interview mit dem "Funkfenster Online", einem Internetangebot der Landesanstalt für Medien NRW (LfM) erklärte LfM-Direktor Norbert Schneider das Vorhaben. Demanch sei auch das Internet als Verbreitungsplattform für Inhalte anzusehen. "Wenn wir davon ausgehen, dass es eine Plattform- oder Technologie-Neutralität gibt, dann kann die Definition, ob ein Angebot Rundfunk ist, nicht davon abhängen, auf welcher Plattform es ausgespielt wird", so Schneider.

In einer ersten Definition beschreiben die Medienwächter als Rundfunk im Internet "Angebotet mit einem genügend hohen Verbreitungsgrad". Derzeit heiße das konkret: "Web-TV-Angebote, die 500 zeitgleiche Zugriffe ermöglichen, überschreiten diese Grenze", so Schneider. Dabei sei klar, dass diese Grenze willkürlich aber sinnvoll sei, um ein Abgrenzungs-Instrument für Bewegtbild-Angebote im Netz zu haben. Bei der Frage, was genau in diesem Zusammenhang „zeitgleich“ bedeute, sei „Haarspalterei“.

Für die Wirtschaft hingegen eine wichtige Frage. Denn für die Investition in ein neues Rundfunkangebot braucht es klare Regeln zur Orientierung. Was darf ein Anbieter und was nicht? So ist die Frage, ob ein Angebot Rundfunk sein wird oder nicht von der ersten Minute der Planung an relevant. Vor allem wegen der Finanzierung. Rundfunkanbieter unterliegen klaren Werberegeln - Stichwort Schleichwerbung. Bei Internetvideos herrscht dagegen nahezu Narrenfreiheit. Doch klare Vorgaben, die als Richtschnur eine feste Größe darstellen, haben die Regulierer wohl nicht im Blick. Fest steht nur, das Rundfunk etwas mit Reichweite zu tun habe.
 
So gebe es bereits heute zahlreiche Angebote, die lizenzierungspflichtig seien. "Wir würden gerne diese zunächst eher naturwüchsige Entwicklung vorsichtig in eine Regelsituation bringen", so Schneider. Demnach sollen sich Radio- und Fernsehanbieter mit einer möglichen Reichweite von 500 gleichzeitigen Zugriffen jetzt lizenzieren lassen. 
 


Doch wie ein Lizenzierungsverfahren konkret aussehen könnte, auch darüber herrscht derzeit noch keine Klarheit, schließlich hat das Internet keine Grenzen und lässt sich zudem technisch nicht kontrollieren. Allein die Definition, was ein lokaler Anbieter ist - die man bei der Regulierung wegen ihres Vordringen ins Netz besonders im Blick hat - müsse man "dem Angebot selbst abschmecken", so Schneider.

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So seltsam das Vorhaben der Landesmedienanstalten auch anmuten mag, so folgt es zumindest in Ansätzen einer eigenen inneren Logik: Gleiches muss gleich reguliert werden. So beschweren sich zum Beispiel Fernsehanbieter, die seit jeher der Rundfunktregulierung unterliegen, dass ihre Angebote lizenzierungs-pflichtig sind, Angebote von Zeitungshäusern, die vermehrt auch Nachrichtenfilme ausstrahlen, jedoch nicht. "Bis zu einem gewissen Grad ist das kein Problem, aber wenn eine Grenze überschritten und eine neue Qualität erreicht ist, dann wird aus der Online-Zeitung Rundfunk", so Schneider.

Außen vor bleiben bei diesen Überlegungen, die sich innerhalb des förderalen deutschen Medienrechts bewegen, die tatsächlichen Gegebenheiten des Internets, das vor den staatlichen Grenzen nicht Halt macht. So kann man an Programm-Anbieter appellieren, sich eine Lizenz zu besorgen, doch sobald die Programme aus dem Ausland kommen, kann es nur bei der Bitte bleiben. Eine rechtliche Handhabe gibt es nicht.

Hier sehen die Medienwächter allerdings kein Problem. Die neuen Lizenz-Vorhaben richteteten sich vornehmlich an lokale Anbieter, die ohnehin gerne eine Lizenz hätten, um rechtlich sauber zu sein, erklärt Peter Widlok, Sprecher der LfM, auf Nachfrage des Medienmagazins DWDL.de.

Mit vielen der in Frage kommenden Anbieter befänden sich die Landesmedienstalten in Gesprächen. Eine Aussage, die nicht beantwortet, wie man mit zukünftigen Programmveranstaltern verfahren könnte, die - um der Kontrolle zu entgehen - aus dem Ausland ihre Programme verbreiten. Diese Gefahr, bei der sich eine regionale Lizenzierung um ihrer selbst Willen ad absurdum führen könnte, sieht man derzeit nicht. Dabei entstand die deutsche Rundfunkregulierung unter anderem aus der Erwägung, den Einsatz von Radio und Fernsehen als massenwirksames politisches Propaganda-Instrument, wie zu Zeiten des Dritten Reichs, zu verhindern.

Wer unter den lizenzierungspflichtigen Rundfunk fällt, der muss Pflichten einhalten. Verfassungsfeindliche Inhalte zum Beispiel sind verboten. "Aber diese Punkte können eigentlich für keinen Anbieter ein Problem sein, es denn, sie wären selbst das Problem", sagt Schneider. Doch wenn ein Anbieter es drauf anlegt, selbst ein Problem zu sein, dann wird er das sicher nicht vom Zugriffsbereich der Landesmedienanstalten aus machen.