Am Wochende überwog die Freude, dass die im Iran seit vier Monaten inhaftierten Reporter der "Bild am Sonntag" frei gelassen wurden, doch nun werden zunehmend kritische Fragen unter anderem an den Springer-Verlag und die Redaktion der "BamS" laut. Denn klar ist: Während Springer die Geldstrafen von je rund 36.500 Euro, die der Verlag für die beiden Reporter übernimmt, aus der Portokasse begleichen kann, zahlte man vor allem in politischer Hinsicht einen hohen Preis.

So machte das international isolierte iranische Regime das persönliche Erscheinen von Außenminister Westerwelle zur Bedingung und verkauft das dabei entstandene Foto mit dem iranischen Präsidenten Mahmud Ahmadinedschad nun als außenpolitischen Erfolg. Springer-Chef Mathias Döpfner, dessen Verlag sich die Aussöhnung zwischen Deutschen und Juden in den Unternehmensgrundsätzen auf die Fahnen geschrieben hat, musste zudem beim Iran, dessen Präsident die Vernichtung Israels fordert, in einem Schreiben um Entschuldigung bitten.

In dem Brief, aus dem die "Süddeutsche Zeitung" zitiert, bedankt sich Döpfner beim Chef der iranischen Justiz für die Hilfe bei der Lösung des Falles. "Wir bedauern es zutiefst, dass Herr Hellwig und Herr Koch ohne die korrekten Visa in die Islamische Republik Iran eingereist sind und ihre journalistische Arbeit dort ohne die notwendige Akkreditierung aufgenommen haben", heißt es darin. Er gelobte zudem, dass es zu den zentralen Grundsätzen Springers gehöre, sich "strikt an die Gesetze" zu halten.

Doch auch abgesehen davon wird Kritik an Springer laut. Die Organisation "Reporter ohen Grenzen" stellte schon kurz nach der Freilassung öffentlich die Frage in den Raum "Sind Redaktion und Verlag, die die beiden in den Iran entsandt haben, ihrer Verantwortung gerecht geworden?" Die bisher bekannt gewordenen Infos würden daran Zweifel aufkommen lassen. "Besonders heikle Missionen wie die Entsendung von Reportern in ein Land, dessen Regime für effiziente Geheimdienste, Folter und Todesstrafe bekannt ist, sollten sehr erfahrenen Auslandsreportern, die mit der Region vertraut sind, übertragen werden", heißt es. Bei Springer bestreitet man unterdessen, dass es sich um Anfänger gehandelt habe. Koch und Hellwig hätten die Reise vielmehr lange vorberietet.

Weiter heißt es: "Die Einreise mit lediglich einem Touristenvisum kann zwar bei Ländern, die Journalistenvisa verweigern, nicht generell ausgeschlossen werden, muss jedoch sorgfältig gegen das Risiko abwogen werden, entdeckt zu werden - und gegen die möglichen Folgen, auch für Gesprächspartner im Land. Dass in diesem Fall beides beachtet wurde, ist nach den bisher vorliegenden Informationen zweifelhaft."

Auch in der "Frankfurter Rundschau" wird die Frage nach der Mitverantwortung der "Bild am Sonntag" aufgeworfen. "Fest steht, dass Hellwig und Koch nicht auf eigene Faust, sondern im Auftrag der BamS gereist sind. Die Chefredaktion sollte sich also fragen, wie viel Mitverantwortung sie für das, was passiert ist, trägt. Dies umso mehr, wenn stimmen sollte, dass sie angeblich nicht gewusst haben soll, welche Visa die beiden hatten", schreibt Ulrike Simon dort.