Als Christian Wulff am Freitagvormittag um kurz nach 11 Uhr seinen Rücktritt erklärte, da konnte er sich auch einen kurzen Seitenhieb in Richtung der Medien nicht verkneifen, die über zwei Monate lang alle kleineren und größeren Freundschaftsdienste aus der Vergangenheit des Bundespräsidenten breitgetreten hatten - und so die Staatsanwaltschaft zum letztlich ausschlaggebenden Antrag auf Aufhebung von Wulffs Immunität getrieben hatten. "Die berichterstattungen, die wir in den vergangenen zwei Monaten erlebt haben, haben meine Frau und mich verletzt", ließ Wulff kurz und knapp wissen, ohne weiter darauf einzugehen. Zugleich betonte er noch einmal, sich in seinen Ämtern stets korrekt verhalten zu haben.

 

 

Der Deutsche Journalisten-Verband DJV wies den mitschwingenden Vorwurf umgehend zurück. "Es ist die Pflicht der Journalistinnen und Journalisten, über politische Affären und Skandale kritisch zu berichten", so der DJV-Bundesvorsitzende Michael Konken. "Davon ist auch das deutsche Staatsoberhaupt nicht ausgenommen." Die Intensität der Berichterstattung in den letzten Monaten sei die Folge von zahllosen Ungereimtheiten und möglicherweise auch strafrechtlich relevanten Vorgängen von Wulffs Amtsführung. Für die politischen Folgen der Enthüllungen seien nicht die Journalisten verantwortlich.

Konken bestritt auch den in den letzten Monaten auch in weiten Teilen der Bevölkerung vorherrschenden Vorwurf, die Medien würden Wulff aus dem Amt schreiben wollen bzw. hätten ihn nun "aus dem Amt geschrieben". Vielmehr hätten die Journalisten verschiedenster Medien im Laufe ihrer Recherchen immer mehr Fälle aufgedeckt, die berechtigten Anlass zu Zweifeln gegeben hätten. Außerdem habe der scheidende Bundespräsident bis zum Schluss den Vorwurf nicht entkräftet, er habe kritische Berichterstattung verhindern wollen, der nach Bekanntwerden des Anrufs auf der Mailbox von "Bild"-Chef Kai Diekmann aufgekommen war. Wulff hatte der kompletten Veröffentlichung der Mailbox-Nachrichte im O-Ton nicht zugestimmt.