Gerade erst stand Claus Kleber selbst in der Kritik, nun geht der "heute-journal"-Moderator in die Offensive - und kritisiert die Konkurrenz. Die Zukunft der "Tagesschau" sieht Kleber jedenfalls skeptisch. "Ich glaube, dass sich dieses Konzept gerade überlebt. Weil das, was diese Art von Nachrichten bietet, am ehesten ersetzt wird durch den schnellen Blick ins Internet", sagte Kleber in einem gemeinsamen "Zeit"-Interview mit dem ehemaligen "Tagesthemen"-Moderator Ulrich Wickert. "Wir müssen die Zeichen der Zeit erkennen. Studenten etwa sind, während sie ihre Essays schreiben, auf Facebook aktiv und lesen Spiegel Online. Das läuft alles gleichzeitig. Die brauchen abends die Tagesschau wirklich nicht", so Kleber.

Auch Wickert betonte derweil die Vorteile von moderierten Sendungen wie "Tagesthemen" oder "heute-journal": "Man hat eine große journalistische Freiheit und Gestaltungsmöglichkeit - als Fernsehmoderator, nicht als Sprecher!" Und doch entscheiden sich Abend für Abend im Schnitt mehr als neun Millionen Zuschauer für die "Tagesschau", die mit weitem Vorsprung die meistgesehene Nachrichtensendung im deutschen Fernsehen ist. Wickert wünscht sich dennoch Veränderungen. "Jede Gesellschaft hat ihre eigene Informationskultur. Unsere ist sehr sachlich. Ich finde es schade, dass die 'Tagesschau' nicht moderiert wird. Allerdings kann man das auch nicht in fünfzehn Minuten. Eine längere und moderierte 'Tagesschau' passt wohl nicht in den Abendablauf der Zuschauer. Das ist eine Zwickmühle."

Kritisch geht Wickert auch mit dem Journalistennachwuchs ins Gericht, der "häufig nicht mehr das Schreiben von Texten" lerne. "Heute streut manch einer ein paar Worte über Bilder. Häufig fehlt sogar das Verb. Schrecklich!", so Wickert in der "Zeit". Und sein Kollege Claus Kleber, der gerade selbst wegen seiner Moderationen im "heute-journal" kritisiert wurde, ergänzte: "Der Text geht oft vor die Hunde. Da sind wir zwei uns als Alterspräsidenten aus besseren Zeiten einig." Der Korrespondent Christian Herrendoerfer habe einmal gesagt, ein guter Text brauche pro Minute eine Stunde Arbeit. "Das klingt unglaublich. Aber es stimmt." Doch gerade die inzwischen oft fehlende Zeit sei ein Problem. "Die gelassene Ruhe, die wir beide noch erlebt haben, führte zu einer Handschrift und einem eigenen Stil von Journalisten, die heute fehlen", so Kleber.

Heute müssten zudem auch noch die Infokanäle bestückt werden. "Was so ein Büro an Sendeminuten raushaut, auch, um vor den Rechnungshöfen bestehen zu können, das ist schon gewaltig", sagte Kleber in dem Interview mit der "Zeit". Zudem entwickle sich derzeit auch die Frage nach der Aktualität von Nachrichtensendungen neu. "Wir reißen uns ja die Beine aus, um selbst während der laufenden Sendung noch die aktuellsten Bilder reinzukriegen. Aber die jungen Leute schauen sich die Sendung erst spätabends oder am nächsten Morgen in der Mediathek an und finden sie aktuell genug. Da raufe ich mir die Haare."