"Ich glaube, dass sich dieses Konzept gerade überlebt. Weil das, was diese Art von Nachrichten bietet, am ehesten ersetzt wird durch den schnellen Blick ins Internet." Mit recht deutlichen Worten zeichnete "heute-journal"-Moderator Claus Kleber in dieser Woche in einem gemeinsamen "Zeit"-Interview mit dem ehemaligen "Tagesthemen"-Moderator Ulrich Wickert ein düsteres Bild für die Zukunft der "Tagesschau". Nun hat sich ARD-aktuell-Chefredakteur Kai Gniffke im "Tagesschau"-Blog zu Wort gemeldet und sich gegen die Kritik zur Wehr gesetzt und von einer "finsteren Prophezeiung" gesprochen.

"Zwei reifere Herren (Wickert, Kleber) philosophieren über Nachrichten, und da möchte ich Ihnen die Haltung eines dritten reiferen Herren (nämlich Gniffke) nicht vorenthalten", schreibt Gniffke und legt los. Über weite Strecken verlaufe "der bedeutungsschwere Diskurs der beiden Grandseigneure wenig überraschend: Früher war alles besser, insbesondere die Sprache und die Filme, das Tempo war niedriger und die Moderatoren waren so wunderbar uneitel. So weit so erwartbar." Dann aber nehme das Gespräch eine Wendung, die ARD-aktuell alle Ehre mache, weil sich Kleber und Wickert an der "Tagesschau" und ihrem Sprecher-Prinzip abarbeiteten.

"Wir sind keine Sprecher. Wir kommen aus dem Journalismus", erklärte Wickert in der "Zeit" - und Gniffkes Konter folgt prompt: Auch die "Tagesschau"-Redaktion komme nicht aus dem Bäckerhandwerk oder dem KFZ-Gewerbe, sondern ebenfalls aus dem Journalismus. "Und diese exzellenten Journalisten schreiben Texte, die dann ein professioneller Sprecher fehlerfrei vorträgt. Schönen Gruß von Leuten wie Jan Hofer und Linda Zervakis." Gniffke will jedenfalls nichts an diesem Prinzip ändern. "So lange ich Verantwortung in diesem Laden trage, bleibt die Tagesschau eine Sprecher-Sendung, weil ich sicher bin, dass die Menschen die knackige Viertelstunde um 20 Uhr schätzen, ohne Emotionalisierung und lange Interviews."

Zugleich erklärte Gniffke, auch er selbst habe vor einigen Jahren gedacht, dass das Internet die "Tagesschau" kaputt mache. "Sieben Jahre später weiß ich, dass die Wirklichkeit viel anstrengender ist. Denn das Fernsehen ist stark wie nie! Parallel dazu, und keineswegs stattdessen, müssen wir die Menschen auf allen anderen Wegen zusätzlich bedienen", so der ARD-aktuell-Chefredakteur im "Tagesschau"-Blog - und er vergisst in diesem Zusammenhang nicht darauf zu verweisen, dass die "Tagesschau" in diesem Jahr so viele Zuschauer erreiche wie die Hauptnachrichtensendungen von RTL, ZDF und Sat.1 zusammen.

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