Die Beta-Phase lief schon seit geraumer Zeit, nun hat die "taz" ihren neuen Online-Auftritt komplett freigeschaltet. Geschäftsführer Karl-Heinz Ruch verbindet den Neustart zugleich mit einem klaren Versprechen: "Alles, was bisher frei zu lesen war, wird frei bleiben", schreibt er anlässlich des Relaunchs. "Eine Bezahlschranke wollen wir nicht, weil wir davon ausgehen, dass wir sie nicht brauchen. Unsere LeserInnen beteiligen sich freiwillig und engagiert bei 'taz-zahl-ich'."


Das klassische Geschäftsmodell des Zeitungsjournalismus habe ausgedient und ein neues für einen Journalismus im Internet sei nicht in Sicht, meint Ruch, der die Schuld vor allem bei den Verlagen sieht. "Verlage haben sich im Hinblick auf das Internet eine grandiose Fehleinschätzung geleistet. Denn, so dachten viele Verleger, sind die Reichweiten im Internet erst unendlich, werden es auch unsere Werbeerlöse sein." Es sei abzusehen, dass nach der Zeitungskrise nun eine Krise der News-Portale im Internet kommen werde. 

"Auch hier hat der Irrtum einen Namen: Reichweite. News-Seiten werden für Google optimiert, nicht für die Leser. Es fallen einem die alten Sprüche aus der Umweltbewegung der 1980er Jahre ein: Erst wenn der letzte zahlende Abonnent gegangen ist, werdet ihr merken, dass man Klicks nicht essen kann", schreibt der "taz"-Geschäftsführer, sieht sein Blatt zugleich aber als "Sonderfall unter den Zeitungen". "Aus heutiger Sicht könnte man sogar sagen, die taz ist ein Glücksfall." Den für Zeitungen wichtigen Anzeigenmarkt aufzuschließen, sei der "taz" ohnehin nie gelungen.

"Umso intensiver kümmerte sie sich um ihre LeserInnen. Das besondere an der taz sind vor allem ihre Leserinnen und Leser, die sich immer auch als Unterstützer der Idee einer unabhängigen alternativen Presse begreifen", so Ruch, der sogar in regelrechten Netz-Jubel übergeht: "Wunderbar, dieses Internet." Im Juni nahm die "taz" durch freiwillige Zahlungen übrigens etwas mehr als 10.000 Euro ein. Finanzieren lässt sich das Angebot trotz aller Euphorie damit aber wohl kaum. Karl-Heinz Ruch ist dennoch optimistisch und kündigt an, die "taz" werde ab Dienstag ein neues Kapitel aufschlagen: "Die ganze taz wird auf taz.de publizieren."