Die Ankündigung, "Bild"-Vize Nikolaus Blome zum neuen stellvertretenden Chefredakteur des "Spiegel" zu machen, hat hohe Wellen geschlagen - und sorgt für einen Machtkampf, der bereits vor dem offiziellen Amtsantritt des neuen Chefredakteurs Wolfgang Büchner in vollem Gange ist. Wie "Horizont" nun berichtet, haben die Ressortleiter den designierten Chefredakteur am Montag offiziell gebeten, seine Entscheidung zurückzunehmen. Stefan Willeke, einer der Leiter des Ressorts Gesellschaft und Reportage, hat demnach eine entsprechende Erklärung verlesen.

Büchner zeigte sich mit Blick auf die umstrittene Personalie allerdings zunächst unnachgiebig. Blome sei ein hervorragender politischer Journalist, wird der künftige Chefredakteur zitiert. Er sprach sich darüber hinaus zwar für gemeinsame Entscheidungsprozesse im redaktionellen Alltag aus - über Personal wolle er als Chefredakteur aber dann doch alleine entscheiden dürfen. Zuvor hatte Büchner auf der 11-Uhr-Konferenz beim "Spiegel" betont, Missverständnisse und eigene Ungeschicklichkeiten bei der Kommunikation der Personalie täten ihm leid. Zudem würde Blome an der politischen Haltung des "Spiegel" nichts ändern, beschwichtigte er.

Völlig unklar bleibt indes, welche Aufgaben Nikolaus Blome in Zukunft überhaupt übernehmen soll. Seine Funktionen seien nicht mit denen der beiden Stellvertreter Klaus Brinkbäumer und Martin Doerry zu vergleichen, betonte Büchner einem "Welt"-Bericht zufolge. Blome sei außerhalb des Berliner "Spiegel"-Büros, dessen Leitung er ebenfalls übernehmen soll, niemandem gegenüber weisungsbefugt - nicht ausgeschlossen also, dass es bei dem Stellvertreter-Posten nicht zuletzt um persönliche Eitelkeiten geht. Beruhigen dürfte das die Mitarbeiter des Nachrichtenmagazins aber wohl kaum.

Und auch die Aussage des Geschäftsführers Ove Saffe, wonach es keinen Machtkampf im Haus gebe, wirkt angesichts des offensichtlich verfahrenen Situation vermutlich nicht gerade entspannend. Auf der Konferenz betonte Saffe, er habe sich für Blomes Berufung im Einvernehmen mit allen Gesellschaftern entschieden. Der Sprecher der Mitarbeiter KG erwiderte laut "Welt" allerdings, dass darüber am Mittwoch auf einer Informationsveranstaltung der KG zu sprechen sei. Bis dahin bleibt es spannend - auch, weil Wolfgang Büchner alle Gesellschafter angeblich dazu aufgefordert haben soll, sich bis Mittwoch bezüglich Blomes Berufung einverstanden zu erklären.