Es entwickelt sich ein neuer Trend im deutschen Fernsehen: Immer häufiger werden derzeit Live-Sendungen von Protestlern gestürmt. Erst vor wenigen Wochen erwischte es Günther Jauch und Markus Lanz in deren Talkshows, nun durfte auch RTL-Moderator Steffen Hallaschka diese Erfahrung machen. Eigentlich wollte er in "Stern TV" mit seinen Gästen gerade über gefälschte Kundenbewertungen bei Online-Portalen sprechen, als mehrere Personen die Bühne betraten, alle mit einem Shirt bekleidet, das die Aufschrift "Save Our Souls" trägt.

"Bleiben Sie entspannt mit den Kollegen", riet Hallaschka einem Sicherheitsmann, der gerade einen der Protestierenden von der Bühne brachte und richtete sich schließlich an die Aktivisten: "Sie wollen nichts Böses, Sie wollen nur eine Botschaft loswerden. Wir sind nur froh, wenn wir vorher gefragt werden, ob wir diese Botschaft auch vermelden wollen, denn wir haben uns ja auch was für die Sendung überlegt." Dann gab's für die Gruppe doch noch die Gelegenheit, sich zu äußern. Erst mal sorgte sich einer der Protestierenden aber um seinen Bruder. "Ich hab ein bisschen Angst um ihn", sagte er, doch Hallaschka versuchte zu beschwichtigen: "Sie werden schon verstehen, dass wir etwas erschrocken sind, wenn Menschen die Bühne stürmen."

Dann wurde aber doch noch deutlich, was die Stör-Aktion eigentlich sollte. Es geht um den Völkermord an den Armeniern im Osmanischen Reich vor knapp 100 Jahren. Der werde "leider immer verschwiegen von Politik und Medien". Man habe daher keine andere Möglichkeit gesehen als diesen Schritt zu wagen, erklärte der Sprecher der Gruppe, der zugleich um eine Einladung in die Sendung bat. Steffen Hallaschka reagierte äußerst souverän und konnte sogar Details zum Thema beisteuern. Dennoch forderte er die Gruppe auf, der Redaktion eine Mail zu schreiben. "Sehen Sie uns nach, dass wir das in der gebotenen Tiefe, die das Thema verlangt, so nicht behandeln können."

Man habe niemandem einen Schrecken einjagen wollen, betonte der junge Mann auf der Bühne am Ende noch, was Hallaschka jedoch eher seufzend zur Kenntnis nahm. "Das wird hier und da geschehen sein", sagte der Moderator, bevor er zur Verabschiedung ansetzte. "Guten Heimweg - oder wenn Sie mögen: Verfolgen Sie die Sendung. Wir haben auch noch ein paar andere spannende Themen." Dass Live-Sendungen gestürmt werden, ist nichts allerdings Neues. Doch die Zahl solcher Aktione hat zuletzt deutlich zugenommen. Dass die Protestierenden das Wort erhalten, hat einst vor allem Frank Elstner hoffähig gemacht.

Bereits in den 80er Jahren hatte es einen ähnlichen Vorfall bei "Wetten, dass..?" gegeben. Als damals mehrere Männer einen Protest auf der großen Showbühne vortragen wollten und daraufhin aus der Halle gedrängt wurden, ging Elstner dazwischen und betonte, niemand werde in seiner Show rausgeworfen.