Ein Fernsehland wacht endlich auf und entdeckt wieder die Lust auf eigene Geschichten. Im Genre der anspruchsvollen TV-Serie, Auslöser des „New Golden Age of Television“, wollen deutsche Sender zunehmend mit eigenen Ideen punkten. TNT Serie lässt mit „Weinberg“ bereits seine zweite eigene Serie produzieren, Moritz Bleibtreu dreht für das ZDF "Schuld", RTL will "Deutschland" verfilmen, Sky schickt zusammen mit der ARD „Babylon Berlin“ von Tom Tykwer in Produktion und jetzt folgt die nächste Überraschung: Der Kölner Sender Vox will künftig in eigene Fernsehserien investieren und damit aus dem Schatten der sogenannten zweiten Sendergeneration heraustreten.



„Fiktionales Erzählen war immer schon ein wichtiger Teil der Identität von Vox, aber bislang immer in Form von Lizenzserien und -filmen. Wir sehen darin aber kein Dogma, das uns davon abhält, es auch mal selbst zu versuchen“, sagt Geschäftsführer Bernd Reichart im Gespräch mit dem Medienmagazin DWDL.de. „Wenn wir darüber nachdenken, eine eigene Serie für die Primetime zu produzieren, dann muss auf jeden Fall garantiert sein, dass es etwas Neuartiges ist und zu uns passt.“ Es gehe nicht um den nächsten Eventmovie mit altbekannten Köpfen oder die nächste Krimiserie, betont Reichart. „Dafür braucht es Vox nicht.“

Die erste Vox-Serie ist stattdessen eine ungewöhnliche Serienidee, die gleichzeitig die steigende Bedeutung des europäischen TV-Marktes bekräftigt. Der Kölner Sender will die aus Spanien kommende Serie „Pulseras rojas“ in Deutschland adaptieren. Für Vox-Geschäftsführer Reichart, der zuvor für die RTL Group in Spanien gearbeitet hat, ist das Projekt eine Herzenssache: Er hat die Serie von einem katalanischen Regionalsender zum landesweit empfangbaren Antena 3 geholt, wo die Serie zum großen Erfolg wurde, der international Interesse geweckt hat.

"Wir kennen das spanische Original und die Kraft der Bücher."

„Für die USA hat Steven Spielberg zugeschlagen und die Serie unter dem Titel ‚Red Band Society‘ neu interpretiert. Und wir würden diesen fantastischen Stoff sehr gerne für Deutschland adaptieren“, erklärt Reichart im DWDL.de-Interview. Dass die US-Adaption für Fox aktuell kein großer Quotenerfolg ist, entmutigt ihn nicht. „Oder vielleicht nur ein bisschen“, sagt er, lacht und ergänzt gleich: „Wir kennen das spanische Original und die Kraft der Bücher. Eine deutsche Adaption muss es schaffen, das Feingefühl für die Besonderheit dieser Serie zu treffen.“

Die Serie erzählt horizontal mit Tiefgang sowie bitterbösem Humor vom Leben auf der Kinderstation eines Krankenhauses - anhand einer Clique von Jugendlichen. Die Pilotfolge der US-Version war bei den diesjährigen LA Screenings eine der größten positiven Überraschungen. Reichart: „Es ist auf jeden Fall eine unique und wunderschöne Geschichte, die man mit keiner anderen Serie vergleichen kann und uns somit die Gelegenheit gibt, uns mit den richtigen Produktionspartnern an ein neues Genre heranzuwagen.“

"Wir wollen nicht das beste Fernsehen der zweiten Sender-Generation machen. Wir wollen das beste Fernsehen machen."

Produziert wird die erste Serie von Vox durch die neue Kölner Produktionsfirma Bantry Bay, die der ehemalige Geschäftsführer von ITV Studios Germany, Jan Kromschröder, zusammen mit dem Münchener Produzent und Rechtehändler Jan Mojto gegründet hat. Neben Kromschröder selbst, der zum 1. Oktober seine neue Aufgabe angetreten hat, ist auch Gerda Müller mit an Bord. Gemeinsam produzierten das Duo zuletzt u.a. „Der letzte Bulle“ für Sat.1. „Wir freuen uns sehr auf das gemeinsame Projekt“, erklärt Reichart.

Die ungewöhnliche Krankenhaus-Serie ist jedoch nicht das einzige fiktionale Projekt des Senders. Mehr dazu im großen DWDL.de-Interview. Der Sender hat viel vor, wenn es nach Geschäftsführer Bernd Reichart geht: "Die Ambitionen sind klar: Wir wollen nicht das beste Fernsehen der zweiten Sender-Generation machen. Wir wollen das beste Fernsehen machen."