Seit nunmehr 25 Jahren ist Giovanni di Lorenzo Moderator der Talkshow "3 nach 9". Im "Spiegel" hat der Journalist, der zugleich Chefredakteur der Wochenzeitung "Die Zeit" ist, nun jedoch Kritik an manchen Talk-Kollegen geäußert. "Heute werden Talkshow-Moderatoren vor allem danach ausgesucht, ob sie beim Publikum beliebt sind", so di Lorenzos Beobachtung. "Wenn sie nicht talken können, kann man es ihnen zur Not beibringen. Es ist nicht unbedingt entscheidend, ob jemand die Lebenserfahrung und das fachliche Rüstzeug mitbringt, um ein gutes Gespräch aus eigener Kraft zu bestehen."

Einige würden inzwischen "Halbplayback" machen, "Moderationen wie aus dem Baukasten", so der "3 nach 9"-Talker im "Spiegel". "Die Fragen sind fix und fertig, und dann kommt einiges, was angeblich spontan ist, auch noch aus dem Knopf im Ohr." Und so wünscht sich Giovanni di Lorenzo, der bei seiner Kollegenschelte jedoch keine Namen nennt, also gewissermaßen mehr Mut bei der Auswahl der Talkshow-Moderatoren. So wie das früher viel häufiger der Fall gewesen ist: "Ich will die alte Zeit bestimmt nicht verklären. Vieles war unverständlich, langweilig, unsendbar. Aber was waren das noch für Zeiten, als absolute Publikumsekel auf die Menschheit losgelassen wurden!"

Über seine "3 nach 9"-Vorgänger wie Lea Rosh sagt er rückblickend: "Ich betrachte Lea und die anderen Altmeister heute mit viel mehr Respekt als damals. Ich muss zugeben, früher sind sie mir oft auf den Geist gegangen. Ich habe sie als selbstgerecht empfunden und fand, dass sie sich auf ihre Haltung zu viel einbildeten. Heute sehe ich ihr großes intellektuelles und rhetorisches Vermögen, auch im Vergleich zu mancher der heutigen Moderationen."