Mit dem Start von Netflix in Deutschland stand in den letzten Wochen und Monaten der SVoD-Markt stark im Mittelpunkt - wird den klassischen Pay-TV-Sendern und Sky als Plattformbetreiber also schon angst und bang? Diesem Eindruck traten sie auf den Medientagen München entgegen. Steven Tomsic, CFO von Sky Deutschland, sieht Netflix & Co. noch nicht mal als stärksten Wettbewerber - sondern vielmehr das Free-TV mit all jenen, die meinen, das frei empfangbare Fernsehen sei ihnen schon genug. Schließlich sei die Marktdurchdringung des Pay-TV in Deutschland trotz des Wachstums der letzten Jahre noch immer stark unterdurchschnittlich.

Dem Markteintritt von Netflix kann Tomsic daher sogar Positives abgewinnen: "Wir freuen uns über jeden Player, der im Pay-Markt mitmischen will und damit dafür sorgt, dass der Markt insgesamt wächst." Letztlich sei das Angebot von Sky so stark, dass es seine Kunden finden werde. Zustimmung gab's dafür von Katharina Behrends von NBC Universal Global Networks Deutschland. Durch den Eintritt weiterer Player erwartet Sie, dass eher die Verwirrung zunehmen wird - und dass sich letztlich die Erkenntnis durchsetzen werde, dass Sky mit seinen Partnersendern noch immer die meisten Erstausstrahlungen biete. Dadurch werde sich Sky noch mehr als Premium-Plattform herauskristalliseren.

Für Hannes Heyelmann, von Turner Broadcasting System, wird die Debatte häufig zu sehr nach Schwarz-Weiß-Muster geführt. Die On-Demand-Services würden vom größten Teil der Kunden als Add-On zum normalen TV gesehen. Und auch der Trend zum Binge-Watching sei nicht für jeden das richtige. Er verglich die Situation mit einem Adventskalender: "Es gibt Kinder, die essen die ganze Schokolade am ersten Tag. Aber es gibt auch weiterhin die Kinder, die sich freuen, wenn sie jeden Tag ein Türchen öffnen können". Letztlich würden die Plattformen profitieren, die beides bieten - und da sei etwa Sky mit seinen linearen Sendern ebenso wie mit Plattformen wie Sky Go oder Sky Anytime gut aufgestellt. Auch Susanne Aigner-Drews, Deutschland-Chefin von Discovery, pflichtete bei, dass sie nicht an eine Revolution des Marktes glaube und dass die SVoD-Anbieter das bestehende Pay-TV-Geschäft links und rechts überholen werden. Vielmehr sei es eine Ergänzung, auch wenn diese an Bedeutung zunehmen werde.

Trotzdem spüren die klassischen Pay-TV-Anbieter die neue Konkurrenz längst auf dem Rechtemarkt. Die Situation werde komplizierter und durch die neuen Wettbewerber die Rechte auch teurer. Es werde immer wichtiger Serien möglichst nah an der US-Ausstrahlung und mit einem größeren Abstand vor der Free-TV-Ausstrahlung exklusiv auf dem Sender zu haben, so Katharina Behrends. Und Hannes Heyelmann ergänzte, dass es nicht nur darum gehe, der erste Anbieter im linearen Fernsehen zu sein, sondern Serien auch vor SVoD-Anbietern zeigen zu können. Der allererste zu sein sei schon psychologisch wichtig.

Vor allem gehe es aber auch darum, das groß zu kommunizieren. "Wenn wir diese Rechte teuer einkaufen, dann müssen sie auch genutzt werden. Ich habe nichts davon, wenn ich etwas exklusiv einkaufe, das aber niemand mitbekommt." So sei es besser, sich in der Kommunikation auf wenige Serien zu konzentrieren, für die man dann umfangreiche Exklusiv-Rechte erwerbe und dafür ganz groß die PR-Trommel zu rühren. Um den Nachschub daran sicherzustellen, setzt man bei TNT Serie auf Koproduktionen, an denen man dann die Rechte hält, aber bekanntlich auch auf fiktionale Eigenproduktionen. Nach "Add a friend" folgt nun mit "Weinberg" die erste Drama-Serie.

Katharina Behrends gab sich für die NBC-Universal-Sender da deutlich zurückhaltender. Auch dort setze man seit vielen Jahren auf lokale Eigenproduktionen, man habe sich bislang aber ganz bewusst gegen eine fiktionale Serienproduktion entschieden. Die müsse schließlich mit dem Qualitätsniveau der US-Serien, die auf den Sendern laufen, messen lassen - und sei dementsprechend extrem teuer. Das heiße nicht, dass man nicht irgendwann auch eine eigene fiktionale Serie drehen könnte - aber "wenn wir's machen, dann machen wir's richtig", so Behrends. Hannes Heyelmann hingegen sieht das Geld in einer solchen Produktion gut angelegt - auch wenn sie sich für sich genommen nicht direkt gerechnet habe. Für die Positionierung des Senders sei "Add a friend" oder nun "Weinberg" aber extrem wichtig. Und man tätige diese Investition auch, weil man weiter von einem großen Wachstum in den nächsten Jahren ausgehe: "Wenn Sky gesagt hätte, sie wären froh, die dreieinhalb Millionen Abonnten gerade so halten zu können, hätten wir die Produktion längst abgebrochen."