Im Herbst gaben die Minsterpräsidentinnen und Ministerpräsidenten grünes Licht: Seither wissen ARD und ZDF, dass sie zwar den von ihnen gewünschten Jugendkanal bekommen, dieser aber ausschließlich im Internet stattfinden wird. Dass so mancher Verantwortliche der ARD damit zunächst nicht so wirklich glücklich war, ist kein Geheimnis. Von einem erschwerten Start sprach etwa der ARD-Vorsitzende Lutz Marmor, der sich gemeinsam mit seinen Kollegen in den zurückliegenden Monaten regelmäßig darüber austauschte, wie genau sich die Vorgaben der Politik in die Tat umsetzen lassen. Inzwischen ist von einem "Jungen Angebot" die Rede, das Mitte kommenden Jahres an den Start gehen wird.

Auf ihrer Sitzung in Köln haben sich die Intendantinnen und Intendanten der ARD nun schon mal grundsätzlich auf ein Konzept verständigt. "Deutlich vorangekommen" sei man bei den Planungen, aber der "letzte Feinschliff" müsse mit dem ZDF noch abgestimmt werden. Ist das geschehen, wollen beide Sender das ominöse Konzept in die zuständigen Gremien einbringen, also in den ZDF-Fernsehrat sowie den Rundfunkrat des SWR. Danach soll es der Rundfunkkommission der Länder übergeben werden, damit die Regierungschefs der Läner die staatsvertragliche Beauftragung in Gang setzen können. So weit, so trocken.

Darüber, was genau man der jungen Zielgruppe am Ende servieren möchte, äußerte sich der inzwischen wieder deutlich entspanntere ARD-Chef am Mittwoch auf der ARD-Pressekonferenz nur bedingt. Stattdessen sprach er von "sehr vielen Workshops", die es schon gegeben hat und einer Aufbruchstimmung, die er verspüre. "Junge Leute sollen Themen anstoßen, mitdiskutieren und das Angebot aktiv mitgestalten", stellte Lutz Marmor in Aussicht. "Ich bin gespannt auf interessante neue Formen und kreative Inhalte aus allen Bereich des gesellschaftlichen und politischen Lebens. So kann eine echte Alternative für das junge Publikum entstehen." Wichtig sei, dass das neue Angebot einen Beitrag zum Diskurs liefere, betonte der ARD-Vorsitzende.

Florian Hager, der von Arte kommt und das Jugendangebot leiten wird, habe bereits den Wunsch geäußert, der älteste Mitarbeiter des Projekts zu sein. Er ist momentan 38. Tatsächlich haben ARD und ZDF vor allem die 14- bis 29-Jährigen im Blick - also jene Gruppe, die vom Fernsehen im Allgemeinen und beide Sender im Speziellen immer schwerer erreicht wird. Längst tummeln sich die Stars der jungen Generation auf YouTube. "Me-too-Formate" soll es nicht geben, stellte ARD-Chef Marmor allerdings klar, ließ gleichzeitig aber offen, ob man Formate übernehmen möchte, die bislang etwa für den weichenden Digitalsender EinsPlus produziert werden. Wichtig sei es aber, dass die noch zu entwickelnden Sendungen im Rahmen des jungen Angebots ihre Premiere feiern sollen.

Alleine auf ein neues Portal wollen sich ARD und ZDF unterdessen nicht beschränken. Vielmehr ist die Rede von einer "Multi-Plattform-Strategie". Marmor: "Wir müssen die Jungen dort erreichen, wo sie sind." Es ist also davon auszugehen, dass Social-Media-Plattformen wie Facebook und YouTube eine wichtige Rolle zukommen wird. Doch auch abseits des im Aufbau befindlichen Angebots entdeckt die ARD das Netz zunehmend für sich. So kündigte ARD-Programmdirektor Volker Herres an, noch vor dem Start der neuen Serie "Vorstadtweiber" drei Folgen vorab im Netz zu veröffentlichen. Auch im Falle der neuen "Weissensee"-Staffel, die ab dem 29. September innerhalb von drei Abenden im Ersten laufen wird, wirkt aktuell über die Online-Strategie nachgedacht.

Darüber hinaus soll die Verjüngung an weiteren Stellen vorangetreieben werden, so wie etwa im Comedy-Bereich, der momentan stellenweise wie ein Versuchslabor daherkommt. "Die Vielfalt ist gewollt", beschwichtigte Herres in Köln und erklärte, man befinde sich derzeit in einer Phase der Auswahl. Ziel sei es, sich in Zukunft auf weniger Formate zu konzentrieren, die dann idealerweise in Staffeln gezeigt werden. Veränderungen gab es zudem durch die Neuausrichtung der in der Vergangenheit häufig umstrittenen Degeto-Filme. In einer "Trial-and-Error-Phase" stecke man dort momentan, sagte Herres, verwies aber auf bereits gestiegene Marktanteile bei den Zuschauern unter 50. Erst in der vergangenen Woche habe die Komödie "Besser als Du" mit Christoph Maria Herbst mehr als zehn Prozent Marktanteil verzeichnet.

"Das ist alles nicht revolutionär, zeigt aber eine Absicht", betonte der Programmdirektor, der dann auch noch eine neue Themenwoche in Aussicht stellte. Zwischen dem 4. und 10. Oktober wird es im Ersten, in den Dritten, im Radio und im Internet in allen denkbaren Facetten um das Thema "Heimat" gehen. Aus gutem Grund, wie Herres findet: "Heimat stiftet Identität", sagt er und verweist auf aktuelle Debatten. "Weltweite Flüchtlingsströme und steigende Ressentiments gegenüber Fremden zeigen jedoch die gesellschaftspolitische Brisanz, die diesem Begriff - auch - zu eigen ist. All diese, sehr unterschiedlichen Aspekte, werden sich in unserem vielfältigen Programmangebot widerspiegeln." Die Federführung der Themenwoche liegt beim SWR, der bereits Schauspielerin Natalia Wörner als Patin gewonnen hat. Zwei weitere Gesichter sollen noch folgen.

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