Während in Deutschland die Suche nach den Gründen für die diesjährige Nullrunde beim Eurovision Song Contest beginnen kann, wird bei den österreichischen Leidensgenossen derzeit vor allem über den Auftritt von Vorjahressiegerin Conchita Wurst diskutiert - der war nämlich im ORF gar nicht zu sehen. Während Wurst mit ihrem Auftritt die Pause zwischen den Songs der 27 Finalisten und der Punktevergabe überbrückte, zog es der Sender vor, eine Werbepause einzulegen. Sehr zum Unmut der Fans.

Inzwischen zeigte sich auch das Management der Künstlerin verärgert. "Der ORF hat zweifellos den Eurovision Song Contest hervorragend bewältigt und eine gute Show abgeliefert. Trotzdem ist das Ausblenden von Conchita nicht nachvollziehbar. Das wäre so, als ob man während des Elfmeterschießens um den WM-Titel einen Werbeblock sendet", sagte Manager Rene Berto und fand in diesem Zusammenhang sehr deutliche Worte: "Damit präsentiert sich der ORF wieder einmal als Mischung aus russischem Staatsfernsehen und deutschen Privatsendern und zeigt, dass ihm der öffentlich-rechtliche Auftrag zur Unterstützung und Förderung heimischer Popmusik kein wirkliches Anliegen ist."

Das ist freilich auch nicht ganz fair - immerhin war es der ORF, der Conchita Wurst im vorigen Jahr als österreichische Teilnehmerin beim Eurovision Song Contest bestimmte. Und doch ist die Aufregung zumindest verständlich. "Conchita wurde zur Galionsfigur und Botschafterin des Song Contests 2015 in Wien, wo sie gleichzeitig als Moderatorin und als wesentlicher Bestandteil der Eröffnung der ORF-Übertragung mitwirkte." Wenn der Sender statt ihres Auftritts als Intervalact während der Abstimmungsphase einen News- und Werbeblock zeige, bleibe nur zu konstatieren: "1,9 Millionen TV-Zuseher und -Zuseherinnen des ORF wurden somit ge- und enttäuscht."

Der ORF versuchte noch am Samstagabend die Wogen zu glätten und verwies auf die hohen Kosten, die der ESC verursache. "Die Ausrichtung des Eurovision Song Contest stellt für den öffentlich-rechtlichen Broadcaster des jeweiligen Gastgeber-Landes immer auch eine außerordentliche finanzielle Herausforderung dar. Aus diesem Grund hat die für den Song Contest verantwortliche EBU für die TV-Shows ein dramaturgisches Konzept erarbeitet, das die Präsentation der einzelnen Songs und das Voting in mehrere Tranchen teilt. So hat der Host Broadcaster, je nach individueller Gesetzeslage, Gelegenheit, Werbespots zu zeigen", erklärte der Sender auf Facebook.

Der dual finanzierte ORF sei "zum sorgsamen Umgang mit den Gebührengeldern verpflichtet" und müsse in diesem Sinne "außerbudgetäre Aufwendungen wie für den ESC auch auf dem Werbemarkt refinanzieren - und tut dies in dem von der EBU vorgesehenen Rahmen", hieß es von Seiten des Senders. ORF-Finanzdirektor Richard Grasl zeigte sich unterdessen zufrieden mit den Werbebuchungen: "Die waren derart stark nachgefragt, dass wir im Vergleich zu einem normalen Fernsehprogramm im Mai deutliche Mehreinnahmen hatten. Dadurch liegen wir insgesamt netto für den ORF besser als geplant", sagte er in einem Interview mit dem "Standard".

Und es gibt noch weitere gute Nachrichten: "Aus heutiger Sicht sieht es so aus, dass wir das Budget von 15 Millionen Euro sogar unterschreiten können, wenn man sämtliche finanzielle Faktoren, die den ORF betroffen haben, zusammenzählt", so Grasl. "Der Song Contest wird den ORF in Summe weniger kosten als geplant."