Der Streit zwischen den Marseille-Kliniken und dem "Team Wallraff" geht in die nächste Runde. Unternehmer Ulrich Marseille hat eine Einstweilige Verfügung gegen die Anfang Juni ausgestrahlte Folge des RTL-Formats erwirkt. Aktuell ist diese online nicht mehr zu finden. "Eine Bearbeitung und Kürzung des Beitrages auf die gerichtlich streitgegenständlichen Sequenzen wäre zu arbeitsintensiv, daher nehmen wir diese dann erst mal in der Regel vom Netz, sprich es bedeutet in Konsequenz, dass wir derzeit auch gezwungen, sind den Beitrag offline zu stellen", sagte eine RTL-Sprecherin gegenüber "kress".

Man behalte sich "nach Prüfung aller gerichtlichen Unterlagen jedoch selbstverständlich vor, hiergegen vorzugehen und den Wahrheitsgehalt durch umfangreiches Material entsprechend zu beweisen", heißt es aus Köln weiter. Marseille selbst übte nun erneut scharfe Kritik an RTL: "Der gesamte Bericht musste aus dem Regal genommen worden, weil grobe Verstöße der journalistischen Sorgfalt enthalten sind. Es klingt schon eher nach Manipulation", sagte der Unternehmer zu "kress". "Ich finde, dass es wichtig ist als Unternehmen, dass man sich solche Fälschungen nicht gefallen lässt. Das ist auch wichtig für die journalistische Gemeinde, solchen Leuten das Handwerk zu legen."

RTL bezeichnete seine Aussagen als "absolut haltlos". Bei der Einstweiligen Verfügung handle es sich um ein "einseitig gerichtlich erlassenes Verbot", stellte der Sender klar. "Dies erfolgte erst einmal ohne Anhörung der Gegenseite. Der Einstweiligen Verfügung musste juristisch auch zunächst Folge geleistet werden. Daher ist der entsprechende Beitrag derzeit offline gestellt, bis eine inhaltliche Prüfung durch das Gericht stattgefunden hat." Das "Team Wallraff" sei "seiner journalistischen Sorgfaltspflicht eindeutig nachgekommen". In dem am 8. Juni ausgestrahlten Beitrag ging es um angebliche Hygienemängel in deutschen Großküchen. Gezeigt wurde auch ein Oldenburger Pflegeheim, das zu den Häusern der Marseille Kliniken AG gehört.

Bereits vor Ausstrahlung der Folge hatte der Klinikbetreiber Strafanzeige gegen ein Mitglied aus dem "Team Wallraff" gestellt. Es ist nicht der erste Streit: Im vorigen Jahr recherchierte RTL schon einmal in einer Einrichtung der Marseille-Kliniken - auch damals hatte der Konzern Strafanzeige gegen eine RTL-Reporterin gestellt, die sich als Praktikantin unter falschem Namen eingeschlichen und heimlich Aufnahmen gemacht hatte. Auch die jüngste Ausgabe wird vermutlich noch einige Zeit lang die Gerichte beschäftigen. Nach Ansicht von RTL entbehren auch die Unterstellungen des Unternehmers, dass es sich um "Fälschungen" und um "Manipulation" handle, "jeglicher Grundlage". Man werde gegen derartige Unterstellungen entsprechende rechtliche Schritte vorbereiten.

Marseilles Behauptung, in der Sendung Menschen "missbraucht" zu haben oder "Schindluder" mit ihnen getrieben zu haben, lege darüber hinaus den Verdacht nahe, dass er diesen Beitrag nicht wirklich kenne, "da hier der Fokus eindeutig auf die Zustände in der Großküche lagen und Personen vor Ort vollständig unkenntlich gemacht worden und zudem lediglich am Rande erschienen sind", so RTL in einer Mitteilung. "Im Gegenteil: 'Team Wallraff' liegen vielmehr Informationen vor, in denen die Arbeitsbedingungen der eigenen Mitarbeiter in Frage gestellt wurden.
Im konkreten Fall hat das Gericht bereits einzelne beantragte Punkte der Einstweiligen Verfügung durch das Pflegeheim Amarita eigenständig abgewiesen."