Juliane Leopold hat ihr erstes Jahr als deutsche "BuzzFeed"-Chefin als "tolles Jahr" bezeichnet. "Unser Ziel war es, eine Redaktion aufzubauen, mit dem richtigen Standort, den richtigen Leuten. Wir haben zu dritt angefangen, jetzt sind wir zu siebt, am Ende des Jahres wollen wir zwölf sein. Wir haben viel geschafft, aber es liegt auch noch viel vor uns", sagte sie in einem Interview mit der "taz". "Ich würde lügen, wenn ich sagen würde, dass ich schon völlig zufrieden mit unserer Leistung bin." Allerdings müsse man sich auch die Relationen anschauen. Verglichen mit "Bild.de" oder "Heftig.com" sei das Team noch klein. "Uns interessiert auch eher, ob einzelne Geschichten gut laufen, anstatt auf welchem Platz wir in Rankings stehen."


Der Weg aller internationalen Editionen sei es jedoch, dem der US-Marke zu folgen, sagte Leopold, die einst etwa bei "Zeit" und "NZZ" arbeitete, mit Blick auf den dortigen Ausbau des Nachrichtenjournalismus. "Das heißt aber auch: Erst mal die Marke aufbauen, dann die Inhalte erweitern. Es geht darum, das Publikum in unserem lokalen Markt Deutschland kennenzulernen. Wir müssen lernen, was hier funktioniert und experimentieren, um die richtige Mischung zu finden." In Deutschland setzt "BuzzFeed" derzeit in erster Linie auf Unterhaltung. Für Leopold jedoch kein Widerspruch: "Ich glaube, Unterhaltung und Journalismus schließen einander nicht aus. Als BuzzFeed 2006 in den USA startete, hatte es nicht den Anspruch, Nachrichtenjournalismus zu machen."

In Deutschland wolle man nun versuchen, einen ähnlichen Weg einzuschlagen wie die Kollegen in den USA und Großbritannien. "Wir konzentrieren uns derzeit auf Unterhaltung, bieten aber auch nachrichtlichere Artikel an." Es gehe vor allem darum, Inhalte zu schaffen, die Leute gerne miteinander teilen. "'BuzzFeed' ist sehr bildgetrieben, Bleiwüsten sind bei uns selten. Außerdem ist ein 'Listicle' mehr als das bloße Aneinanderreihen beliebiger Inhalte", so Leopold in der "taz" über die zahlreichen Listen-Artikel. "Wir denken mit, welche Bilder zu unseren Geschichten passen. Klar ist das trivial, klar ist das Unterhaltung. Aber auch die sollte gut gemacht sein."

Den Vorwurf, die Leser mit Native Advertsing zu betrügen, teilt die deutsche "BuzzFeed"-Chefin derweil nicht. "Werbebeiträge sind mit gelben Bannern gekennzeichnet, als Autor des Beitrags ist der Werbekunde angegeben. Insofern finde ich das okay. Da habe ich mit Verlagsbeilagen in Zeitungen, die in der gleichen Schrift erscheinen wie der Rest der Zeitung, zum Teil mit den gleichen Autoren, größere Probleme." Dass manche Artikel Werbecharakter aufweisen, nimmt Leopold unterdessen in Kauf. "Diese Herangehensweise an Verbraucherthemen ist weniger nüchtern als anderswo, enthusiastischer und damit vielleicht auch angreifbarer. Aber für uns ist entscheidend, dass wir mit Artikeln Emotionen ansprechen und Leuten das Gefühl geben, wir holen sie da ab, wo sie sind."

Sie selbst hat übrigens den Eindruck, "unter einem extremen Vergrößerungsglas" zu liegen. Leopold in der "taz": "Ich bin übers Twittern und Bloggen zu meinem Job gekommen und ich liebe ihn. Aber ich merke auch, dass ich mich in mancher Hinsicht verändern muss, um in dieser Branche zu bestehen. Im Gegensatz zu früher denke ich viel mehr darüber nach, was ich veröffentliche, und ob überhaupt. Die Unbeschwertheit ist weg und das ist manchmal hart."