Die Ermittlungen gegen Journalisten des investigativen Blogs Netzpolitik.org haben zu ersten personellen Konsequenzen geführt. Bundesjustizminister Heiko Maas hat Generalbundesanwalt Harald Range am Dienstag das Vertrauen entzogen. Er habe Range mitgeteilt, dass sein Vertrauen in dessen "nachhaltig gestört" sei, erklärte Maas auf einer kurzen Pressekonferenz in Berlin. Im Einvernehmen mit dem Bundeskanzleramt werde er daher noch am Dienstag bei Bundespräsident Joachim Gauck die Versetzung des Generalbundesanwalts in den Ruhestand beantragen. Als Nachfolger wurde der Münchner Generalstaatsanwalt Peter Frank vorschlagen.

Der Schritt war erwartet worden, nachdem Harald Range am Vormittag massive Vorwürfe gegen den Justizminister erhoben hatte. "Auf Ermittlungen Einfluss zu nehmen, weil deren mögliches Ergebnis politisch nicht opportun erscheint, ist ein unerträglicher Eingriff in die Unabhängigkeit der Justiz", erklärte der Generalstaatsanwalt und berichtete von einem externen Gutachten, das die Frage klären sollte, ob die von Netzpolitik.org veröffentlichten Dokumente ein Staatsgeheimnis darstellten. Der Sachverständige habe ihm am Montag mitgeteilt, dass es sich dabei tatsächlich um ein Staatsgeheimnis handelt, worüber er das Justizministerium umgehend informierte.

"Mir wurde die Weisung erteilt, das Gutachten sofort zu stoppen und den Gutachtenauftrag zurückzuziehen. Dieser Weisung habe ich Folge geleistet", so Range, der sich mit Blick auf die im Raum stehenden Vorwürfe gehalten gesehen habe, die Öffentlichkeit über die Vorgänge zu informieren. Am Abend wehrte sich das Justizministerium. Der vom Generalbundesanwalt vermittelte Eindruck, dass das Ministerium am Montag nach Kenntnis der vorläufigen Bewertung dieses Gutachtens  eine Anweisung erteilt hat, den Gutachtenauftrag zurückzuziehen, sei nicht zutreffend. Richtig sei vielmehr, dass die Rücknahme des Gutachtenauftrags bereits am vergangenen Freitag gemeinsam mit Range verabredet war. Zu diesem Zeitpunkt habe es noch keine Kenntnis des möglichen Inhalts des Gutachtens gegeben.

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Ranges Vorgehend sei nicht nachvollziehbar und vermittle der Öffentlichkeit einen falschen Eindruck, hieß es von Seiten des Justizministeriums. Die Affäre war ausgelöst worden, nachdem Range Ermittlungen gegen Netzpolitik.org wegen des Verdachts des Landesverrats eingeleitet hatte. Am Montag hatten sich Bundeskanzlerin Merkel und Innenminister de Maizière bereits von Range distanziert. Mit Ranges Versetzung in den Ruhestand dürfte die Affäre aber kaum vom Tisch sein. In der Kritik stand zuletzt auch Justizminister Maas, weil er bereits seit Ende Mai von den Ermittlungen gegen die Journalisten wusste, sie aber nicht verhinderte, sondern lediglich Bedenken äußerte.

Die Journalisten von Netzpolitik.org haben derweil eine Reihe an Forderungen gestellt, darunter "die Einstellung aller Ermittlungsverfahren gegen unsere Redaktionsmitglieder, aber auch gegen unsere mutmaßlichen Quellen". Von den Verantwortlichen erwarte man darüber hinaus "eine unzweifelhafte Klarstellung, dass der Vorwurf des Landesverrats absurd war und ist: rechtlich, faktisch und moralisch". Auch eine "rechtliche Verbesserung der Stellung von Whistleblowern" steht auf der Forderungsliste von Markus Beckedahl und seinen Kollegen.

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