"Alles hat gut geklappt, wir haben alle Termine eingehalten. Hoffentlich geht auch am Donnerstag alles glatt." Wolfgang Linden ist hat aufregende Wochen hinter sich. Er ist als Projektleiter Betrieb verantwortlich für die Modernisierung der Technik im Bonner Sendezetrum von Phoenix. Monatelang sendete der öffentlich-rechtliche Ereignis- und Dokumentationskanal aus einem Provisorium, was die Geduld aller Beteiligten auf eine harte Probe stellte. Ein eigentlich schon ausrangierter Übertragungswagen des ZDF diente seit Jahresbeginn im Innenhof als Ausweichquartier - ein Experiment, das es in dieser Form noch nicht gegeben hat.

Der 40 Tonnen schwere Sattelschlepper hat schon allerlei hinter sich: Er gehört zu den größeren mobilen Studios seiner Art und kam in der Vergangenheit etwa bei "Wetten, dass..?" und den Olympischen Spielen zum Einsatz. Doch um überhaupt fit zu sein für die monatelange Übergangsphase, galt es, die alte Technik aus dem Studio in den U-Wagen einzubauen. Eine echte Alternative gab es nicht, schließlich konnte Phoenix mit seiner 14 Jahre alten Technik bislang weder durchgängig in HD produzieren noch senden. "Wenn wir einen derart großen Umbau der Studiotechnik haben, dann ist das mit Blick auf die Zukunft natürlich schön. Auf der anderen Seite muss der Sendebetrieb weiterlaufen", erklärte Michaela Kolster, die neben Michael Hirz als Programmgeschäftsführerin fungiert, bereits im Juni im Gespräch mit dem Medienmagazin DWDL.de.

Es ist für den Sender ein ebenso notwendiger wie teurer Schritt: "Der Umbau ist mit 5,6 Millionen Euro über mehrere Jahre hinweg etatisiert. Anders wäre es für uns gar nicht zu stemmen", so Kolster. "Das ist im Vergleich zu den Mutterhäusern natürlich nicht viel, für uns jedoch eine unglaubliche Summe. Nun werden wir an der technischen Front erst mal Ruhe haben, was uns für die nächsten Jahre Sicherheit bringt. Die Nachhaltigkeit, die man vor 20 Jahren bei Investitionen hatte, ist heute allerdings nicht mehr gegeben. Dazu sind die Sprünge in der Computertechnik viel zu groß."

Wie eine Operation am offenen Herzen sei die Umstellung gewesen, erinnert sich die Programmgeschäftsführerin. "Für die Mitarbeiter ist es nicht einfach, in den sehr beengten Verhältnissen eines Ü-Wagens einen stundenlangen Live-Betrieb aufrechtzuerhalten. Das geht bei manchen an die Substanz, weil man durch die Enge sehr viel stärker gefordert ist." Hinzu kamen zahlreiche unvorhersehbare Momente: So folgte bereits kurz nach dem Wechsel in den Ü-Wagen mit den Terroranschlägen in Paris die erste Herausforderung für die Phoenix-Mannschaft. Auch die Griechenland-Krise, die Europa und damit auch den Sender in den vermeintlich ruhigeren Sommermonaten in Atem hielt, sorgte in den zurückliegenden Wochen nicht gerade für ein entspanntes Arbeiten in Bonn.

Seit Juli erfolgte - wie schon einmal zu Jahresbeginn - eine mehrwöchige Übergangsphase: Um die Arbeiten in Ruhe fortsetzen zu können, wurde in dieser Zeit vom WDR in Köln gesendet, während Live-Moderationen und Gespräche aus dem Berliner Phoenix-Studio im ARD-Hauptstadtstudio kamen. Parallel starteten in Bonn neben der technischen Abnahme der neuen Studiotechnik durch die Messtechnik des WDR auch umfangreiche Schulungsmaßnahmen des operativen Personals wie auch der redaktionellen Mitarbeiter an den neuen Arbeitsplätzen und mit der neuen Technik. "Es sollte einen reibungslosen Umstieg geben. Wir liegen im Zeitplan, die Technik funktioniert", sagte Ralf Koke (Foto), der als Aufsichtsingenieur auf Knopfdruck den Umstieg einleitete, im Vorfeld der Umstellung, die per Knopfdruck erfolgte. "Das ist natürlich sehr spannend. Wir senden dann mit einer neuen Technik, für die uns noch die Routine fehlt. Aber das ist natürlich auch aufregend."

Ralf Koke© Phoenix/Claus Langer

Tatsächlich wurde es an diesem Donnerstag ein letztes Mal ernst: Abschließende Arbeiten waren zwischen 8 und 9 Uhr angesetzt, einige Kabel mussten noch umgesteckt werden, ehe auf den Servern beim WDR in Köln und bei Phoenix in Bonn für einen Moment zunächst das gleiche Material ausgestrahlt und synchronisiert wurde, ehe Koke seines Amtes waltete und den Umstieg von Köln zurück ins Bonner Sendezentrum auslöste. "Die größte Schwierigkeit war nicht der Neubau, sondern die genaue Planung der Ausweichszenarien im Ü-Wagen, in Köln und Berlin", erklärt Projektleiter Wolfgang Linden. "Dabei haben die Zuschauer nicht mitbekommen, dass im Hintergrund die gesamte Sendetechnik erneuert worden ist." Ab sofort hat das Versteckspiel jedoch ein Ende: Sofern kein aktueller Anlass dazwischenkommt, wird die erste in HD produzierte Phoenix-Sendung um 17:30 Uhr ausgestrahlt.