Die chinesische Journalistin Gao Yu, die früher auch für die Deutsche Welle arbeitete, muss im Gefängnis bleiben. Ein Berufungsgericht verkürzte ihre Haftstrafe am Dienstag auf fünf Jahre. Die 71-Jährige war im April wegen angeblichen "Verrats von Staatsgeheimnissen" zunächst zu sieben Jahren Haft verurteilt worden. Das neue Urteil sei eine Erleichterung, aber kein Erfolg, sagte Anwalt Shang Baojun gegenüber dem ARD-Hörfunk. "Wir haben auf Unschuld plädiert. Aus dieser Perspektive sind wir sehr enttäuscht."

Der Gesundheitszustand der Journalistin, die stets Kritik an der chinesischen Führung äußerte, hatte sich im Gefängnis stark verschlechtert. Zuletzt soll sie einen Herzinfarkt erlitten haben. Die Bundesregierung hatte sich wiederholt auf höchster politischer Ebene für Gao Yu eingesetzt - ohne Erfolg. "Gao Yus Verurteilung in einem intransparenten Verfahren zu sieben Jahren Haft im April dieses Jahres, die jetzt auf fünf Jahre reduziert worden ist, hatte ich deutlich verurteilt", erklärte der Menschenrechtsbeauftragte der Bundesregierung, Christoph Strässer.

Weiter sagte er: "Die Ablehnung des Antrags der über siebzig Jahre alten und unter gesundheitlichen Problemen leidenden Journalistin erfüllt mich mit Unverständnis. Ich fordere die chinesische Führung erneut zur Freilassung aller Menschen auf, die wie Gao Yu friedlich von ihrem Recht auf freie Meinungsäußerung Gebrauch machen." Christian Mihr, Geschäftsführer der Reporter ohne Grenzen, sprach von einem "harten Urteil gegen eine mutige Journalistin". Es zeige "einmal mehr, dass der gesamte Prozess nicht mehr als eine Parodie auf einen Rechtsstaat ist", so Mihr, der sich erneut für eine Freilassung starkmachte.

Kritik kam auch von der Deutschen Welle. "Wir sind zutiefst enttäuscht von diesem harten Urteil gegen Gao Yu. Wir hätten erwartet, dass die chinesischen Behörden sie schon aus humanitären Gründen aus der Haft entlassen", betonte DW-Intendant Peter Limbourg. Die Reduzierung der Haftstrafe sei "angesichts ihres Alters und ihres Gesundheitszustands geradezu zynisch". Limbourg kündigte an, man werde "auch künftig jeden Erfolg versprechenden Weg und jede Gelegenheit nutzen, um ihre baldige Freilassung zu erwirken. Ich hoffe sehr, dass die chinesische Führung einlenkt. Alles andere ist und bleibt eine Schande."