Die Recherchen des ARD-Dopingexperten Hajo Seppelt sorgten in der Vergangenheit immer wieder für Aufsehen - so trug er dazu bei, dass die Welt erfuhr, wie systematisch Russland das Dopen seiner Athleten vorantrieb. Auf den Wirbel, den er in diesen Tagen verursachte, hätte der Journalist aber rückblickend wohl nur allzu gerne verzichtet. Es geht um ein Interview, das Seppelt dem russischen Staatssender Rossija gab. Warum er dem Interview mit Olga Skabejewa zustimmte, die einem Bericht der "Frankfurter Allgemeinen Zeitung" zufolge in der Vergangenheit Oppositionelle und Ukrainer verleumdete, bleibt im Unklaren.

Skabejewa macht schließlich, was zu erwarten war: Sie provozierte Seppelt mit Fragen, wollte beispielsweise mehr oder weniger offen wissen, ob er von westlichen Diensten für seine russlandfeindlichen Berichte bezahlt wird. Auf Bildern, die der russische Sender später im Internet zeigte, ist zu erkennen, wie die Stimmung im Verlauf des Gesprächs kippt. Seppelt wirft der Interviewerin vor, ihre Aufgabe als Journalistin nicht zu verstehen und schmeißt schließlich das Kamerateam unsanft aus seinem Zimmer in einem Kölner Hotel. Warum er so aggresiv sei, will Skabejewa wissen. Weil sie blöd sei, antwortet Seppelt auf Englisch.

Sarkastisch soll Seppelt laut Übersetzer sagen: "Ihr seid die Opfer der ganzen Welt, so unglücklich, ihr leidet, die ganze Welt ist gegen euch, mein Gott, mein Gott, geht bitte, ich kann diesen Quatsch nicht mehr anhören." Auf der Straße geht der Streit wenig später weiter: Hektisch berichtet Skabejewa über den Vorfall, der ihr Weltbild zu bestätigen scheint. Seppelt, der inzwischen die Mikrofonhülle des russischen Senders in Händen hält, wird derweil gefilmt, wie er versucht, die Polizei zu kontaktieren. Es sind Bilder, die für das russische Staatsfernsehen kaum besser hätten sein können, weil plötzlich der Eindruck entsteht, Seppelt verfolge die Russen, wie die Reporterin in die Kamera sagt.

Er müsse sich, "den Vorwurf machen, nicht rechtzeitig erkannt zu haben, dass das Gespräch provozieren sollte und es eigentlich gar nicht um die Sache ging", sagte Seppelt der "FAZ". "Dass mir der Kragen geplatzt ist, nachdem ich eine halbe Stunde vergeblich darum gebeten habe, das Hotelappartement zu verlassen, war vielleicht nicht die feine Art, aber menschlich vielleicht nachvollziehbar. Und für mich in dem Moment alternativlos. Mir war auch nicht klar, dass nach meiner Aufforderung, die Kamera auszuschalten, weiterhin gefilmt wurde, auch in meinem Schlafzimmer. Ich habe viel Erfahrung mit Interviews weltweit, aber ich hatte noch nicht die Erfahrung, was es heißt, wenn das russische Staatsfernsehen kommt."

Der WDR spricht unterdessen davon, dass Rossija "widerrechtlich ein nicht-autorisiertes Interview" verbreite und untersagte dem Sender jedwede Verwendung, Verbreitung oder Ausstrahlung des Filmmaterials. Die Journalisten hätten sich zudem möglicherweise des Hausfriedensbruchs schuldig gemacht, "da sie trotz mehrerer Aufforderungen Seppelts das Hotelappartement nicht verließen", wie es von Seiten des Senders heißt. WDR-Sprecherin Ingrid Schmitz: "Das Interview mit Hajo Seppelt, das im russischen Fernsehsender RossijaTV gezeigt wurde, ist weder von ihm noch vom WDR freigegeben worden. Darauf haben wir den Sender im Vorfeld schriftlich hingewiesen. Wir prüfen zurzeit juristische Schritte gegen RossijaTV."