Mike Fries, Chef des weltgrößten Kabelkonzerns Liberty Global, sieht in neuen Playern wie Netflix keine Gefahr für sein Geschäftsmodell. "Wir profitieren voneinander", sagte er in einem Interview mit dem "Handelsblatt". "Gerade in einem Markt wie Deutschland sieht kaum jemand deren Angebote als Substitute. Sie bestellen nicht wegen ihres Netflix- oder Maxdome-Abos ihren Kabel- oder Satellitenanschluss ab. Es sind Zusatzangebote, und die wollen wir unseren Kunden anbieten, wenn wir können. Außerdem benötigen die Kunden dafür Bandbreite. Das ist gut für uns."

Allerdings findet Fries auch deutliche Worte. "Uns stört nur, wenn jemand lügt", sagte er und warf Streamingdiensten wie Netflix vor, Internetanbieter gegeneinander auszuspielen. "Netflix und andere Anbieter haben sich darüber beschwert, dass ihre Dienste bei uns oder anderen langsamer laufen. Sie erstellen ein Ranking von Internetanbietern, auch in Deutschland, wie gut ihre Filme gesehen werden können. Wenn es Probleme gibt, hängt das allerdings oft damit zusammen, dass sie uns die Daten nicht richtig zuführen. Das ist also nicht unser Fehler." Das Problem liege in der von ihnen genutzten Infrastruktur, so Fries. "Über solche Fälle haben wir uns beschwert und werden uns laut beschweren." Netflix wolle die Anbieter dazu bringen, mit ihnen einen Deal für die Übertragung abzuschließen oder zu bestrafen, wenn sie es nicht tun. "Das ärgert uns natürlich besonders dann, wenn unzutreffende Gründe angeführt werden", sagte der Konzernchef im "Handelsblatt".

Mit Blick auf das Brexit-Referendum gab sich Mike Fries im "Handelsblatt" vorsichtig optimistisch, auch wenn der Kabelkonzern selbst mit rund 500.000 Pfund die Kampagne gegen den EU-Austritt Großbritanniens unterstützt hatte. "Wir respektieren die Entscheidung. Wir hätten uns eine andere gewünscht, aber wir werden uns den Gegebenheiten anpassen. Und ich glaube, das gelingt uns gut", erklärte er. Es gebe Szenarien, in denen alles gut ausgehe. "Es wird auf jeden Fall weiter eine Nachfrage nach hohen Internetbandbeiten geben. Für die Konsumenten wird sich nicht viel ändern", ist sich Fries sicher.

Der Vorteil einer Regulierung durch die EU sein, dass es ein Level-Playing-Field gebe, als gleiche Spielregeln für alle. "Wenn wir in jedem Land neue Regelungen treffen müssen, ist es schwieriger, eine Strategie und Produkte zu entwickeln oder Beziehungen zu Inhalte-Anbietern oder Zulieferern aufzubauen." Letztlich profitiere man von der Regulierung. "Wir sind Angreifer im Telekommunikationsmarkt. Wer hätte auf uns aufpassen sollen? Regierungen, die selber noch große Teile der Telekommunikationskonzerne halten? Da bin ich mir nicht so sicher. Wenn uns die Europäische Union nicht geholfen hätte, zu wachsen und innovativ zu sein, die nationalen Regulierer hätten es wahrscheinlich nicht getan."