Der Anspruch auf Abdruck einer Gegendarstellung besteht auch dann, wenn die betroffene Person zuvor keine Stellungnahme zu einer geplanten Berichterstattung abgegeben hat, obwohl der Redakteur ihr eine solche Möglichkeit eingeräumt hat. Das hat jetzt das Bundesverfassungsgericht entschieden. Konkret geht es um eine Verfassungsbeschwerde des "Spiegel". Das Nachrichtenmagazin hatte vor fünf Jahren eine Gegendarstellung von Thomas Gottschalk abdrucken müssen.

Der Moderator wehrte sich auf diese Weise gegen einen "Spiegel"-Bericht, in dem ihm Schleichwerbung in seiner früheren ZDF-Show "Wetten, dass..?" unterstellt worden war. Vor der Veröffentlichung des Berichts hatte der "Spiegel"-Redakteur Gottschalks Anwalt mit seinen Recherchen konfrontiert. Dieser wies die Vorwürfe zwar zurück, legte aber wert darauf, nicht zitiert zu werden. Die öffentliche Antwort folgte stattdessen mit etwas Verspätung in Form von Gottschalks Gegendarstellung.

Beim "Spiegel" sah man in diesem Vorgehen eine Verletzung der Presse- und Meinungsfreiheit - eine Argumentation, der das Gericht nicht folgte. "Eine unterlassene Erklärung begründet grundsätzlich keine Obliegenheitsverletzung, welche einen Gegendarstellungsanspruch entfallen ließe", entschieden jetzt die Verfassungsrichter. Könnten sich Medienunternehmen Gegendarstellungsansprüchen entziehen, indem Betroffene vorab um Stellungnahme gebeten werden, würde dies das Gegendarstellungsrecht entwerten.

Beim Spiegel-Verlag zeigte man sich enttäuscht. "Natürlich bedauern wir die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts, die damit eine aus unserer Sicht beanstandenswerte Praxis für verfassungskonform erklärt: Wenn ein Betroffener nach gebotener Konfrontation zu Vorwürfen gegen ihn Stellung nimmt, die Veröffentlichung dieser Stellungnahme aber untersagt, kann er unter Umständen im Anschluss an die Berichterstattung seine Stellungnahme inhaltsgleich als Gegendarstellung durchsetzen", erklärte der Verlag.

Das ZDF hatte nach dem "Spiegel"-Bericht stets betont, nicht gegen geltende Rechtsvorschriften verstoßen zu haben. Dennoch entschied sich der Sender damals dazu, die Regeln für Gewinnspiele zu verschärfen.