Von einem "starken aber nicht herausragenden zweiten Quartal" spricht Netflix selbst in der Mitteilung zum Geschäftsergebnis der Monate April bis Juni diesen Jahres. Insgesamt verzeichnet der SVoD-Anbieter inzwischen 130,14 Millionen Abonnenten weltweit, 57,38 Millionen in den USA und 72,76 Millionen international. Im Fokus der Beobachtung von Analysten und der Netflix-eigenen Bewertung der Entwicklung steht einmal mehr das konkrete Abonnentenwachstum. Nur mit weiter deutlich wachsender Kundenbasis bleibt die lebensnotwendige Vorstellungskraft des Aktienmarktes erhalten, dass eines Tages die horrenden Schulden des Unternehmens, die für Programm-Investitionen der vergangenen Jahre aufgenommen wurden, auch bedient werden können.

Im vergangenen Quartal kamen 5,2 Millionen neue Abonnenten hinzu. Der Zuwachs war damit zwar genauso hoch wie im Vorjahresquartal auch, aber nicht nur die Analysten haben vom Börsenliebling Netflix mehr erwartet - auch das Unternehmen hatte sich beim Ausblick vor drei Monaten noch mehr erhofft. In den USA wurden im zweiten Quartal statt den von Analysten erwarteten gut 1,2 Millionen neue Abonnenten nur 670.000 dazu gewonnen. International kamen 4,47 Millionen Kunden dazu. Hier wurde im Vorfeld vom Markt ein Wachstum von fast fünf Millionen Abonnenten erwartet. Der Umsatz im 2. Quartal lag mit 3,91 Milliarden Dollar übrigens nur ganz knapp unter den Erwartungen vieler Analysten. Dennoch: Der Aktienkurs von Netflix gab nachbörslich nach.

David Wells© Netflix
"Es lag nicht an einer speziellen Region", erklärt Netflix-Finanzchef David Wells (Foto) im Analysten-Call zu den veröffentlichten Geschäftszahlen. Nach vier Quartalen in denen Netflix die eigenen Erwartungen und die der Analysten übertreffen konnte, habe man das jetzt halt einmal nicht geschafft.  Netflix-CEO Reed kontert den Bedenken mit seinem bekannten Grundoptimismus: "Wir haben auch 2016 schon mal ein schwächeres 2. Quartal erlebt. Wir haben noch immer keine andere Erklärung dafür als dass das Geschäft auch mal unruhig läuft und konzentrieren uns darauf, danach wieder zuzulegen."

Greg Peters© Netflix
Finanzchef David Wells springt Hastings nochmal zur Seite und erinnert daran, dass traditionell das erste aber besonders das vierte Quartal stärker seien als Q2 und Q3. "Es sieht so aus als wird das auch dieses Jahr der Fall sein." Auf die Frage nach seiner Erwartung für das dritte Quartal, bleibt Wells eine konkrete Antwort schuldig. Vollzogene Preiserhöhungen in einigen Märkten hält man bei Netflix übrigens nicht für die Ursache des langsameren Wachstums. Angesprochen auf kürzlich bekannt gewordene Tests mit höherpreisigen Netflix-Paketen weicht Produktchef Greg Peters (Foto) aus: Man teste an beiden Enden des Spektrums, sowohl mit neuen Angeboten für besonders anspruchsvolle Kunden wie auch am Encoding der Streams, so dass Netflix auch bei schwacher Internetverbindung für mehr Menschen nutzbar wird.

Ted Sarandos© Netflix
Im Rahmen der Veröffentlichungen zu den Geschäftszahlen erwähnt Netflix noch einmal stolz das vergangene Woche gegen den Pay-TV-Sender HBO gewonnene Fernduell um die meisten Emmy-Nominierungen: Nach 17 Jahren ist HBO nicht mehr das Network bzw. Auftraggeber mit den meisten Nominierungen für den prestigeträchtigen Fernsehpreis, der am 8., 9.und 17. September in Los Angeles verliehen wird. Netflix führt nun  - mit unüberhörbarem Stolz - das Feld an. Programmchef Ted Sarandos (Foto) freut sich im Analysten-Call besonders über die Bandbreite: "Wir sind mit gleich 40 Produktionen nominiert." Darunter auch viele non-fiktionale Programme, ein jüngst populäres Genre bei Netflix. "Wir sind sehr zufrieden mit dem Erfolg unserer nonfiktionalen Unterhaltungsformate", so Sarandos. Die Kochshow  "Nailed it", das Auto-Format "Fastest Car" und die Make-Over-Show "Queer Eye" seien auf Anhieb Volltreffer geworden.

Reed Hastings© Netflix
Gleichzeitig aber adressiert Netflix auch einen immer härteren Wettbewerb. Explizit erwähnt in der Mitteilung zu den Quartalszahlen werden nicht nur HBO und Amazon sowie die vor dem SVoD-Launch stehenden Konzerne Disney und Apple: "Wir erwarten mehr Wettbewerb durch AT&T / Warner Media und dem fusionierten Fox/Disney oder Fox/Comast sowie von internationalen Marktteilnehmern wie Deutschlands ProSieben oder Salto in Frankreich." Die Netflix-Strategie dagegen erklärt CEO Reed Hastings (Foto) wenig später im Analysten-Call: "Es gibt eine Menge neuer und gestärkter Wettbewerber. Das war zu erwarten und ist völlig normal. Es ist wie es ist. Da werden wir nichts daran ändern können. Wir fokussieren uns darauf, die besten Inhalte, die beste Technik, das beste Marketing zu liefern - all das, was wir seit Jahren machen."

Die ProSiebenSat.1 Media SE hatte kürzlich angekündigt, zusammen mit Discovery einen neuen SVoD-Dienst in Deutschland starten zu wollen. Gleichzeitig erklärte auch die Kölner Mediengruppe RTL Deutschland sein bestehendes Angebot TV Now zu einem umfangreicheren SVoD-Angebot ausbauen zu wollen. Und in den USA wird der Wettbewerb ebenso intensiver. Auf die Analysten-Frage, ob der fehlende Zugriff auf Disney- oder Fox-Programme für Netflix spürbare Auswirkungen haben werde, erklärt Programmchef Sarandos: "Unsere Erwartung war schon vor langer Zeit, dass diese Unternehmen ihre Inhalte langfristig einmal auf eigenen Plattformen verwerten werden wollen, deswegen sind wir in die Produktion von Netflix Originals eingestiegen. Wir haben in den letzten Jahren immer weniger von Disney und Fox lizenziert, gleichzeitig aber produzieren sowohl Disney und Fox ja auch Serien direkt für uns."

Das Analysten-Gespräch zur Veröffentlichung der Netflix-Geschäftszahlen für Q2 2018:

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